Die Antragsbefugnis der ASt i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB liegt vor. Denn durch die Abgabe eines Teilnahmeantrags hat sie ihr Interesse am Auftrag hinreichend dokumentiert. Des Weiteren macht sie, indem sie sich gegen den Ausschluss ihres Teilnahmeantrags durch die Ag wendet, geltend, in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt zu sein. Durch die behauptete Rechtsverletzung droht der ASt auch ein Schaden zu entstehen, weil sie aufgrund ihres Ausschlusses den verfahrensgegenständlichen Auftrag nicht mehr erhalten kann.
Die Rüge der ASt, ihr Teilnahmeantrag sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, erfolgte am 14. November 2019 bereits drei Tage nachdem die ASt hiervon durch die Ag erfahren hatte. Die zehntägige Rügefrist i.S.d. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB hat die ASt mithin gewahrt. Dass die von ihr vorgelegten Verfügbarkeitserklärungen für Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. nicht ordnungsgemäß gewesen sein sollen, hat die ASt erst im Nachprüfungsverfahren erfahren als die Ag ihren Teilnahmeantrag auch aus diesem Grund ausschließen wollte. Eine Rüge hinsichtlich der Anforderung der Ag, Verfügbarkeitserklärungen vorzulegen, ist daher entbehrlich (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06). Ob die ASt jedoch bereits bis zum Ablauf der Teilnahmefrist hätte rügen müssen, dass die Eignungsanforderungen der Ag hinsichtlich des Nachweises eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Informatik oder einer vergleichbaren Studienrichtung nicht sachgerecht waren, braucht nicht entschieden zu werden, da ihr Teilnahmeantrag jedenfalls wegen der fehlenden Verfügbarkeitserklärungen zu Recht ausgeschlossen wurde, so dass sie auch bei Vorliegen eines entsprechenden Vergabeverstoßes ihre Rechtsposition nicht verbessern könnte (s. dazu unter 2.).
Unabhängig von der Frage, ob die ASt die 15-Tage-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB überhaupt einhalten musste, weil die Ag sie über diese Rechtsbehelfsfrist erst im Nichtabhilfeschreiben durch den pauschalen Hinweis auf „§ 160 GWB“ belehrt hat, hat die ASt diese Frist gewahrt. Denn zwischen der Mitteilung der Ag, der Rüge der ASt nicht abzuhelfen, vom 19. November 2019 und der Einreichung des Nachprüfungsantrags am 4. Dezember 2019 liegen nicht mehr als 15 Kalendertage.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Denn die Ag hat den Teilnahmeantrag der ASt zu Recht gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VgV ausgeschlossen, weil die ASt nicht die geforderten Verfügbarkeitserklärungen bzgl. Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. abgegeben hat (dazu unter a)). Ob der Ausschluss ebenfalls deshalb zu Recht erfolgte, weil die von der ASt zur Rolle 3 benannten Personen nicht über ein Hochschulstudium der Informatik (oder vergleichbar) verfügten, braucht vor diesem Hintergrund nicht entschieden zu werden (dazu unter b)). Die von der ASt hilfsweise beantragte Aufhebung des Vergabeverfahrens ist ebenfalls nicht anzuordnen (dazu unter c)).
1. Vergabekammer des Bundes VK 1 – 97/19
Beschluss
In dem Nachprüfungsverfahren
[…],
– Antragstellerin –
Verfahrensbevollmächtigte:
[…],
gegen
[…],
– Antragsgegnerin –
Verfahrensbevollmächtigte:
[…],
wegen der Vergabe „[…] Beschaffung eines IT Projektverwaltungssystems“, EU-Bekanntmachungs-Nr.: 2019/[…], hat die 1. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden Direktor beim Bundeskartellamt Behrens, die hauptamtliche Beisitzerin Leitende Regierungsdirektorin Dr. Dittmann und den ehrenamtlichen Beisitzer Ernst aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2020 am 24. Januar 2020 beschlossen:
– 2 –
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war notwendig.
Gründe:
I.
1. Die Antragsgegnerin (Ag) führt derzeit ein europaweites Verhandlungsverfahren mit vorangeschaltetem Teilnahmewettbewerb zur Beschaffung eines IT Projektverwaltungssystems durch, das die Ag bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen des […]unterstützen soll (EU-Bekanntmachungs-Nr.: 2019/[…]). Die zentralen Funktionalitäten dieses Projektverwaltungssystems betreffen die elektronische Interessensbekundungs- und Antragstellung, die Verwaltung und Abrechnung von Projekten, die Mittelverwaltung und -auszahlung sowie die Prüfung und Kontrolle der Projekte (s. Ziffer II.1.4 der EU-Bekanntmachung). Während der Vertragslaufzeit von zehn Jahren (zuzüglich einer Verlängerungsoption, s. Ziffer II.2.7, II.2.11 der EU-Bekanntmachung) soll der Auftragnehmer mehrere Softwarepakete programmieren, wobei es ihm freisteht, eine Standard-, eine Individualsoftware oder eine Mischform anzubieten (s. Ziffer II.2.9 der EU-Bekanntmachung). Außerdem soll der Auftragnehmer die Anwender schulen, das Projektverwaltungssystem hosten und betreiben, den Support erbringen und das System weiterentwickeln (vgl. Ziffer 3 der Leistungsbeschreibung). Für die technischen Entwicklungsleistungen muss der Auftragnehmer eine verantwortliche Projektleitung und eine Vertretung bereitstellen, die gegenüber der Ag für das Erreichen der Projekt- und Vertragsziele zuständig ist und alle Mitglieder des Projektteams des Auftragnehmers koordiniert und überwacht. Diesbezüglich sind die Leistungen in fünf sog. „Rollen“ aufgeteilt, für die jeweils ein Projektleiter und ein Stellvertreter vorzusehen sind (IT-Projektmanager, IT-Architekt, IT-Qualitätsmanager, IT-Testmanager und IT-Security-Architekt) (s. Ziffer 4.2 der Leistungsbeschreibung).
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Gemäß Ziffer II.2.9 der EU-Bekanntmachung mussten die Bewerber mit ihrem Teilnahmeantrag u.a. eine „Projektskizze“ von maximal acht DIN A4-Seiten „zu der in der Leistungsbeschreibung umrissenen Leistung“ vorlegen. Anhand dieser Projektskizze
„werden unter den geeigneten Bewerbern diejenigen ausgewählt, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden. Die Entscheidungskriterien werden dabei die Schlüssigkeit zwischen Auftragsumfang, geplantem technischen Gesamtansatz und der geplanten Vorgehensweise, sowie die Darlegung des Zeit- und Personalmanagements sein.
(…).“
Unter Ziffer III.1.3 der EU-Bekanntmachung „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ werden von den Teilnehmern bestimmte Erfahrungen, Referenzen und Zertifikate gefordert sowie folgende „Angaben und Nachweise zu Projektleitung und Stellvertretung“:
„Gemäß Ziffer 4.2 der Leistungsbeschreibung ist das Projekt in den 5 (…) Rollen mit je einer*m Hauptverantwortlichen und einer Stellvertretung zu besetzen.
2.1 Beide Positionen sind namentlich zu benennen. Es ist für alle Rollen und Personen explizit zu bestätigen, dass diese Personen im Falle der Auftragserteilung auch dauerhaft in diesen Positionen eingesetzt werden sollen und die zeitlichen Kapazitäten im Einzelfall vorhanden sind.
2.2 Geforderte Nachweise zur Qualifikation und Erfahrung für die unter den Rollen genannten Personen
Für alle Personen, die eine der unten genannten Rollen besetzen, muss eine Erfahrung von mindestens 1 Jahr in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung, insbesondere mit Landes- und Bundesministerien vorliegen.
Unabhängig von der Rollenzuweisung müssen mindestens 2 Personen jeweils mindestens 3 Jahre Erfahrungen mit dem […] nachweisen und diese Erfahrungen unabhängig von der Einzelrolle in das Gesamtprojekt einfließen lassen können.
Weitere Angaben entnehmen Sie bitte dem Dokument P1 03 und P6 12 der Teilnahmeunterlagen.“
Die EU-Bekanntmachung enthält in Ziffer I.3 einen Link auf die Vergabeunterlagen, die wiederum in mehrere „Pakete“ aufgeteilt sind, die jeweils einzelne „Dokumente“ beinhalten. Dokument 2 des Pakets 1 enthält die Leistungsbeschreibung, das Dokument 3 des Pakets 1 ist mit
„Technische Leistungsfähigkeit bzw. Fachkunde des Teilnehmers“
überschrieben und enthält unter Ziffer 2.2 u.a. die Anforderung, dass die zur Rolle 3 („IT-Qualitätsmanagement“) genannten zwei Personen (Projektleiter und Stellvertreter) u.a. über ein
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„abgeschlossenes Hochschulstudium (…) der Informatik oder einer vergleichbaren Studienrichtung“
verfügen müssen.
Dokument 5 des Pakets 3 ist ein Formular mit der Überschrift „Erklärung des Unterauftragnehmers zur Eignungsleihe“, das vom jeweiligen Eignungsverleiher auszufüllen und zu unterzeichnen ist. Laut dem von der Ag vorformulierten Text „garantiert“ das betreffende Unternehmen hierin, dem Bewerber für einen im Einzelnen näher bezeichneten Auftragsteil
„(…) die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrages zur Verfügung“
zu stellen.
Laut Ziffer 3 der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags muss der Teilnahmeantrag (u.a.) die o.g. Dokumente bzw. die darin geforderten Angaben und Erklärungen enthalten.
Neben weiteren Bewerbern gab die Antragstellerin (ASt), die die derzeit bei der Ag im Bereich der […] genutzte Standardsoftware [….] entwickelt und implementiert hat, einen Teilnahmeantrag ab. Dieser Teilnahmeantrag enthielt u.a. die Projektskizze, zehn „Mitarbeiterprofile“ sowie die von einem Nachunternehmer der ASt ([…] GmbH, im Folgenden: „[…]“) ausgefüllte und unterzeichnete „Erklärung des Unterauftragnehmers zur Eignungsleihe“ (Dokument 5). Ausweislich der Mitarbeiterprofile der ASt war eine der beiden zur sog. Rolle 3 benannten Personen ein ausgebildeter Elektromonteur, die andere Person hatte Geographie studiert. Laut dem Mitarbeiterprofil für drei weitere Personen (Herr Sch., Herr S. und Herr A.), die alle beim Nachunternehmer der ASt […] beschäftigt sind, hatte die […] unter der Überschrift „Verfügbarkeit im Falle der Auftragserteilung“ vermerkt:
„Nach aktuellem Kenntnisstand sehen wir [Name des Beschäftigten] für den Projekteinsatz vor. Die genauen Verfügbarkeiten werden wir im finalen Angebot nach endgültiger Abschätzung des Projektaufwandes und abgestimmter Projektstruktur bestätigen“.
Bei den sieben übrigen genannten Mitarbeitern hatte die ASt bzw. ihr jeweiliger Nachunternehmer unter derselben Überschrift geschrieben:
„[Name des Beschäftigten] wird – im Falle einer Beauftragung – dauerhaft in dieser Position eingesetzt werden. Die zeitlichen Kapazitäten sind vorhanden.“
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Am 11. November 2019 teilte die Ag der ASt mit, dass deren Teilnahmeantrag nicht berücksichtigt werden könne, weil die in Dokument 3, Punkt 2.2 zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bzw. Fachkunde aufgestellten Anforderungen nicht erfüllt würden. Denn keine der von der ASt zur Rolle 3 benannten Personen verfüge über das geforderte Hochschulstudium der Informatik oder einen vergleichbaren Studienabschluss. Der Rüge der ASt vom 14. November 2019, ihr Teilnahmeantrag sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, weil ihre Mitarbeiter aufgrund ihrer Berufserfahrung und Vorkenntnisse auch ohne einen Hochschulabschluss in Informatik geeignet seien, half die Ag nicht ab (s. Nichtabhilfeschreiben der Ag vom 19. November 2019).
2. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4. Dezember 2019 beantragte die ASt bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 5. Dezember 2019 an die Ag übermittelt.
a) Die ASt meint, ihr Teilnahmeantrag hätte nicht ausgeschlossen werden dürfen. Außerdem hätte die Ag nach der Feststellung, dass die Rolle 3 von der ASt nicht anforderungskonform besetzt worden war, die ASt hierauf hinweisen und weitere Nachweise und Korrekturen anfordern müssen.
Auf den rechtlichen Hinweis der Vergabekammer vom 20. Dezember 2019, sie sei jedenfalls deshalb zu Recht ausgeschlossen worden, weil sie für Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. nicht die geforderten Verfügbarkeitserklärungen abgegeben habe, trägt die ASt wie folgt vor:
Die von der Ag geforderte Verpflichtungserklärung, also die verbindliche Zusage eines anderen Unternehmens, dem Bewerber die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Mittel uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen, habe das Drittunternehmen der ASt […] auf dem von der Ag dafür vorgesehenen Formular „Erklärung des Unterauftragnehmers zur Eignungsleihe“ (Dokument 5) abgegeben; diese Erklärung liege dem Teilnahmeantrag der ASt ordnungsgemäß bei. Eine über diese Erklärung in Dokument 5 hinausgehende Verpflichtungserklärung, in der die konkreten Kapazitäten anzugeben waren, habe die Ag nicht gefordert, so dass die Ag die ASt wegen des Fehlens einer solcher Erklärung auch nicht ausschließen könne. Eine derartige Erklärung sei nämlich nicht in der abschließenden Liste des § 46 Abs. 3 VgV aufgeführt. Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV dürfe ein Aufraggeber nur die Angabe der technischen Fachkräfte und technischen Stellen verlangen, um
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allgemein das auftragsrelevante Know-how und Kapazitäten abzufragen. Wie sich im Umkehrschluss aus § 47 Abs. 1 S. 3 VgV ergebe, entstehe dabei aber im Hinblick auf die tatsächlichen Verfügbarkeiten keine besondere Bindung des Unternehmens. § 47 Abs. 1 S. 3 VgV sehe nämlich nur für den Fall der beruflichen Leistungsfähigkeit und einschlägigen beruflichen Erfahrung, nicht jedoch im Rahmen der technischen Leistungsfähigkeit vor, dass das Drittunternehmen die betreffende Leistung zwingend auch erbringe. Da sich die ASt ausschließlich hinsichtlich der anzugebenden technischen Fachkräfte einer Eignungsleihe bediene, müsse sie also das Drittunternehmen […] nicht mit der Ausführung eines Teils des Auftrags beauftragen. Ihre Ausführungen zum Vorhandensein der Kapazität dieser Fachkräfte in den vorgelegten Eigenerklärungen seien daher ohne Belang. In der mündlichen Verhandlung trägt die ASt hierzu ergänzend vor, dass von ihr als Bewerber, der sich im Rahmen seiner Eignung auf Dritte berufe, nicht mehr verlangt werden dürfe, als von einem Unternehmen, dass keine „Eignungsverleiher“ oder Nachunternehmer einsetze. Wenn daher von einem der letztgenannten Unternehmen wegen § 46 Abs. 3 VgV keine Verpflichtungserklärung verlangt werden dürfe, dürfe dies auch nicht gegenüber einem „Eignungsleiher“ geschehen. Zumindest aber habe die Ag von den Bewerbern, die keinen Eignungsverleiher einsetzen, keine Verfügbarkeitserklärung verlangen dürfen; für die Bewerber würden in diesem Vergabeverfahren mithin unterschiedliche Anforderungen gelten. Außerdem, so die ASt weiter, hätte die Ag eine Bestätigung der zeitlichen Kapazitäten des Projektleiters und dessen Stellvertreters nur verlangen dürfen, wenn sich deren Umfang aus den Vergabeunterlagen ergebe. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die Ag habe lediglich vorgegeben, dass die betreffenden Personen dauerhaft für den gesamten Auftrag eingesetzt werden sollen. Es bleibe mithin offen, welche Kapazitäten die Bewerber hätten bestätigen sollen. Abgesehen davon könne nach deutschem Arbeitsrecht niemand ernsthaft garantieren, dass Mitarbeiter während einer Projektlaufzeit von sechs Jahren immer für das Unternehmen und die jeweiligen Rollen zur Verfügung stünden. Schließlich habe der BGH im Jahr 2012 entschieden, dass einem Bieter die Vorlage einer Bestätigung nicht zuzumuten sei, dass das benannte Personal eines Drittunternehmens dauerhaft in bestimmten Positionen eingesetzt werden solle (BGH, Urteil vom 3. April 2012, X ZR 130/10). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich ein Angebot der ASt bei einer fehlenden Angabe über die dauerhafte Einsetzbarkeit des benannten Personals nicht mehr werten lassen könne; dies sei hier jedoch nicht der Fall. Wenn die Ag sicherstellen wolle, dass das im Teilnahmewettbewerb benannte Personal dauerhaft während der gesamten Projektlaufzeit eingesetzt werde, hätte sie dies im (engen) Rahmen des nach AGB-Recht Zulässigen vertraglich regeln müssen. Dies habe die Ag jedoch nicht getan. Das
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Vergaberecht dürfe hierüber nicht hinausgehen. Ferner weist die ASt darauf hin, dass die Ag ausweislich der Vergabeakte im Rahmen der Prüfung der Teilnahmeanträge zugunsten der ASt vermerkt habe, dass die ASt die Verfügbarkeit der Herren Sch., S. und A. ordnungsgemäß bestätigt habe und der geforderte Eignungsnachweis daher als erfüllt angesehen werden könne. Aus denselben Angaben könne die Ag jetzt keinen Ausschlussgrund konstruieren.
Weiter trägt die ASt vor, sie dürfe auch deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 VgV auffordern könne, fehlende oder fehlerhafte Unterlagen nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren. Bei den Eignungserklärungen der ASt, die die Ag beanstande, handele es sich um solche „fehlenden“ Unterlagen, weil sie den formalen Vorgaben der Ag nicht entsprächen bzw. ein untaugliches „aliud“ darstellten. Falls die Ag meine, die ASt könne über das Drittunternehmen […] ihre Eignung nicht nachweisen, hätte sie die ASt gemäß § 47 Abs. 2 S. 3, 4 VgV jedenfalls auffordern müssen, ein anderes geeignetes Drittunternehmern zu benennen. Sollte die Ag die im Dokument 5 eindeutig formulierte Verpflichtungserklärung im Zusammenhang mit den weiteren Eigenerklärungen der ASt lediglich als widersprüchlich erachten, hätte sie die ASt nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH um Aufklärung bitten müssen. Denn der BGH habe in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2019 (Az. X ZR 86/17) dem in der bisherigen Vergaberechtsprechung zum Ausdruck kommenden Formalismus eine klare Absage erteilt und zugunsten eines größtmöglichen Bieterkreises entschieden. Anderenfalls würde ein Bieter, der vergesse, eine Eigenerklärung vorzulegen, bessergestellt, weil er diese nachreichen könne, als ein Bieter, der eine Eigenerklärung vorgelegt habe, die die Anforderungen nicht erfülle. Ein Ausschluss ohne Gelegenheit zur Nachbesserung, ohne Aufklärung oder ohne Aufforderung zum Austausch des Drittunternehmens sei vergaberechtlich unzulässig.
Zum von der Ag ursprünglich allein geltend gemachten Ausschlussgrund, dass die ASt zur Rolle 3 keine Personen benannt habe, die über ein Hochschulstudium der Informatik (oder vergleichbar) verfügten, vertritt die ASt die Auffassung, dass die Ag diese Eignungsanforderung nicht wirksam gefordert habe. Denn diese Anforderung sei nicht in Ziffer III.1 der EU-Bekanntmachung enthalten und das einschlägige Dokument P1 03 dort auch nicht unmittelbar verlinkt gewesen. Allein schon wegen dieses schwerwiegenden Mangels sei das Vergabeverfahren aufzuheben, jedenfalls aber dürfe die Eignungsprüfung nicht auf diese nicht ordnungsgemäß bekannt gemachten Eignungsanforderungen gestützt
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werden. Darüber hinaus meint die ASt, diese Eignungsanforderung sei nicht von § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV gedeckt und die von ihr zur Rolle 3 benannten Personen seien auch ohne Hochschulstudium der Informatik ausreichend fachkundig. Zumindest dürfe sie jedoch die benannten Personen austauschen, weil die Anforderungen der Ag missverständlich gewesen seien.
Die ASt beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigten:
1. Die Ag wird verpflichtet, das Verfahren auf den Stand nach Abgabe der Teilnahmeanträge zurückzuversetzen, erneut in die Prüfung des Teilnahmeantrags der ASt einzutreten und diesen zu berücksichtigen sowie unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer die ASt zur Abgabe eines Angebots aufzufordern
hilfsweise: das Vergabeverfahren aufzuheben.
2. Der ASt Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;
3. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der ASt gemäß § 182 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
4. der Ag die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der ASt aufzuerlegen.
Weiter beantragt die ASt,
der Ag im Sinne des § 169 Abs. 1 GWB diesen Vergabeprüfungsantrag schnellstmöglich in Textform zu übermitteln, verbunden mit dem Verbot, den Zuschlag vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Abs. 1 GWB zu erteilen.
b) Die Ag beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigten,
1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
2. die Kosten des Verfahrens der ASt aufzuerlegen,
3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Ag für notwendig zu erklären.
Die Ag meint, der Teilnahmeantrag der ASt sei aus mehreren Gründen zu Recht ausgeschlossen worden.
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Ein Ausschlussgrund bestehe darin, dass die von der ASt zur Rolle 3 benannten Personen entgegen der eindeutigen Formulierung in Dokument 3 der Vergabeunterlagen über keinen Hochschulabschluss im Bereich Informatik oder einer vergleichbaren Studienrichtung verfügten. Auf die Frage der Vergabekammer trägt die Ag im Einzelnen vor, warum diese Eignungsanforderung wegen der Komplexität des hier ausgeschriebenen IT-Großprojekts mit einem erheblichen finanziellen Volumen und bedeutendem nationalen Erfolgsinteresse angemessen sei. Die ASt dürfe die betreffenden Personen auch nicht nachträglich austauschen, weil sie sonst unzulässiger Weise nach Ablauf der Abgabefrist ihren Teilnahmeantrag nachbessern würde. Daran ändere auch die von der ASt zitierte Entscheidung des BGH vom 18. Juni 2019 nichts, weil auch hiernach die Grenze der Auslegung und Aufklärung dann erreicht sei, wenn ein Teilnahmeantrag nur durch eine nachträgliche Änderung die in den Vergabeunterlagen gestellten Anforderungen erfülle. Auch § 56 VgV erlaube nicht, dass unzureichende Erklärungen in einem Teilnahmeantrag nach Fristablauf nachgebessert werden.
Ein weiterer Ausschlussgrund besteht nach Auffassung der Ag darin, dass die ASt nicht für alle Projektleiter und deren Stellvertreter für die verschiedenen Rollen explizit bestätigt habe, dass diese Personen im Fall der Auftragserteilung auch dauerhaft in der betreffenden Position eingesetzt werden sollen und die zeitlichen Kapazitäten im Einzelfall vorhanden seien. Diese ebenfalls in Dokument 3 der Vergabeunterlagen geforderte Erklärung habe die ASt für drei Personen (Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A.) nicht vorgenommen, sondern erklärt, dass sie keine verbindliche Erklärung zu deren Verfügbarkeit abgeben werde. Diese Erklärung des Nachunternehmers […] sei auch nicht ungenau oder missverständlich formuliert. Wie die Ag aus einem parallelen Verfahren wisse, sei die […] nicht bereit, verbindliche Verfügbarkeitserklärungen abzugeben. Sofern sich die ASt nunmehr auf die Rechtswidrigkeit dieser Anforderung berufe, sei sie mit dieser Beanstandung präkludiert, weil jedenfalls die […] die Bedeutung der Verfügbarkeitserklärung erkannt habe und der ASt die eingeschränkte Erklärung der […] bekannt gewesen sei.
Die Ag habe diese Verfügbarkeitserklärung zu Recht gefordert. Denn ein Auftraggeber dürfe gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV hinsichtlich der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit Angaben zu den technischen Fachkräften verlangen, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen. Bei Aufträgen, bei denen es wie hier wesentlich auf die Qualifikation und Eignung des für die
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Leistungserbringung konkret eingesetzten Personals ankomme, sei es vergaberechtlich anerkannt und üblich, Anforderungen an die Qualifikation des Personals zu stellen und den Bieter aufzufordern, den Nachweis unter namentlicher Benennung der einzusetzenden Personen zu führen. Anderenfalls sei die gewünschte Eignung nicht sichergestellt und das Eignungskriterium des § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV würde leerlaufen. Die Anforderung, eine Verpflichtungserklärung vorzulegen, resultiere aus § 47 Abs. 1 S. 1 VgV, weil sich die ASt bzgl. des Eignungsnachweises „Angabe des Personals“ i.S.d. § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV auf einen Dritten berufe. Schon weil die Ag nicht gefordert habe, dass der Bewerber jegliches Personal zu benennen habe, sondern nur die Projektleiter und Stellvertreter in den fünf Rollen, sei es den Bewerbern auch zuzumuten, diese Erklärung abzugeben. Hierbei sei zudem das berechtigte Interesse der Ag zu berücksichtigen, sich bei der Beschaffung einer komplexen Dienstleistung die einzusetzenden Fachkräfte benennen zu lassen. Die von der ASt in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des BGH vom 3. April 2012 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil es dort um untergeordnete Nachunternehmerleistungen, aber nicht wie im vorliegenden Fall um einen für die Ag wesentlichen Leistungsteil ging. Darüber hinaus habe den Bewerbern – wenn auch noch nicht in allen Einzelheiten abgestimmt – schon im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs die Leistungsbeschreibung vorgelegen, so dass sie den Umfang des Einsatzes dieser Personen abschätzen konnten. Selbstverständlich seien Fälle denkbar, in denen die benannten Personen bei der späteren Leistungserbringung nicht zur Verfügung stünden (z.B. Kündigung). Aus diesem Grund habe die Ag auch nur eine Bestätigung gefordert, soweit dies dem Bewerber und späteren Auftragnehmer möglich sei.
Dass die Ag in ihrer Vergabeakte ursprünglich davon ausgegangen sei, die ASt hätte die geforderten Eignungsnachweise insoweit ordnungsgemäß geführt, sei rechtlich unerheblich, weil ein objektiv gegebener Ausschlussgrund jederzeit berücksichtigt werden müsse. Da die von der ASt vorgelegte Verpflichtungserklärung der […] nicht fehle, sondern inhaltlich unzureichend sei, sei die Ag auch nicht berechtigt, diese nachzufordern. Die […] dürfe ebenfalls nicht gemäß § 47 Abs. 2 VgV ausgetauscht werden, weil dieses Unternehmen nicht ungeeignet, sondern nur nicht bereit sei, der ASt die Kapazitäten, auf die sich diese berufen wolle, zur Verfügung zu stellen.
Die Vergabekammer hat der ASt antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.
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Durch Verfügung des Vorsitzenden vom 8. Januar 2020 wurde die Entscheidungsfrist bis zum 24. Januar 2020 einschließlich verlängert.
In der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2020 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern.
Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet, weil der Teilnahmeantrag der ASt zu Recht ausgeschlossen wurde.
1. Gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags bestehen keine Bedenken.
So liegt die Antragsbefugnis der ASt i.S.d. § 160 Abs. 2 GWB vor. Denn durch die Abgabe eines Teilnahmeantrags hat sie ihr Interesse am Auftrag hinreichend dokumentiert. Des Weiteren macht sie, indem sie sich gegen den Ausschluss ihres Teilnahmeantrags durch die Ag wendet, geltend, in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt zu sein. Durch die behauptete Rechtsverletzung droht der ASt auch ein Schaden zu entstehen, weil sie aufgrund ihres Ausschlusses den verfahrensgegenständlichen Auftrag nicht mehr erhalten kann.
Die Rüge der ASt, ihr Teilnahmeantrag sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, erfolgte am 14. November 2019 bereits drei Tage nachdem die ASt hiervon durch die Ag erfahren hatte. Die zehntägige Rügefrist i.S.d. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB hat die ASt mithin gewahrt. Dass die von ihr vorgelegten Verfügbarkeitserklärungen für Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. nicht ordnungsgemäß gewesen sein sollen, hat die ASt erst im Nachprüfungsverfahren erfahren als die Ag ihren Teilnahmeantrag auch aus diesem Grund ausschließen wollte. Eine Rüge hinsichtlich der Anforderung der Ag, Verfügbarkeitserklärungen vorzulegen, ist daher entbehrlich (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06). Ob die ASt jedoch bereits bis zum Ablauf der Teilnahmefrist hätte rügen müssen, dass die
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Eignungsanforderungen der Ag hinsichtlich des Nachweises eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Informatik oder einer vergleichbaren Studienrichtung nicht sachgerecht waren, braucht nicht entschieden zu werden, da ihr Teilnahmeantrag jedenfalls wegen der fehlenden Verfügbarkeitserklärungen zu Recht ausgeschlossen wurde, so dass sie auch bei Vorliegen eines entsprechenden Vergabeverstoßes ihre Rechtsposition nicht verbessern könnte (s. dazu unter 2.).
Unabhängig von der Frage, ob die ASt die 15-Tage-Frist des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB überhaupt einhalten musste, weil die Ag sie über diese Rechtsbehelfsfrist erst im Nichtabhilfeschreiben durch den pauschalen Hinweis auf „§ 160 GWB“ belehrt hat, hat die ASt diese Frist gewahrt. Denn zwischen der Mitteilung der Ag, der Rüge der ASt nicht abzuhelfen, vom 19. November 2019 und der Einreichung des Nachprüfungsantrags am 4. Dezember 2019 liegen nicht mehr als 15 Kalendertage.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Denn die Ag hat den Teilnahmeantrag der ASt zu Recht gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VgV ausgeschlossen, weil die ASt nicht die geforderten Verfügbarkeitserklärungen bzgl. Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. abgegeben hat (dazu unter a)). Ob der Ausschluss ebenfalls deshalb zu Recht erfolgte, weil die von der ASt zur Rolle 3 benannten Personen nicht über ein Hochschulstudium der Informatik (oder vergleichbar) verfügten, braucht vor diesem Hintergrund nicht entschieden zu werden (dazu unter b)). Die von der ASt hilfsweise beantragte Aufhebung des Vergabeverfahrens ist ebenfalls nicht anzuordnen (dazu unter c)).
a) Der Teilnahmeantrag der ASt wurde wegen der fehlenden Verfügbarkeitserklärungen bzgl. Herrn Sch., Herrn S. und Herrn A. zu Recht ausgeschlossen. Denn die Ag durfte die Vorlage dieser Erklärungen im Rahmen der Eignungsprüfung der Bewerber verlangen (dazu unter aa)), die ASt hat diese Erklärungen nicht so wie gefordert vorgelegt (dazu unter bb), ein Nachreichen dieser Erklärungen, der Austausch des betreffenden Nachunternehmers […] oder eine Aufklärung der Ag mit dem Ziel, dass die ASt ihre Verfügbarkeitserklärungen korrigiert oder nachbessert, wäre unzulässig gewesen (dazu unter cc)).
aa) Die Ag hatte von den Bewerbern in Ziffer III.1.3 der EU-Bekanntmachung zum Beleg ihrer technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit gefordert, im Teilnahmewettbewerb u.a. „für alle Rollen und Personen explizit (…) zu bestätigen, dass diese Personen im Falle der Auftragserteilung auch dauerhaft in diesen
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Positionen eingesetzt werden sollen und die zeitlichen Kapazitäten im Einzelfall vorhanden sind“. Diese Anforderung ist vergaberechtlich zulässig, vor allem sind die Voraussetzungen des § 122 Abs. 4 GWB und der §§ 46, 47 VgV erfüllt, es ist den Bewerbern zuzumuten, eine solche Verfügbarkeitserklärung bereits im Teilnahmewettbewerb vorzulegen, und diese Anforderung war inhaltlich hinreichend klar und eindeutig formuliert:
Die Ag hat zu Recht in Ziffer III.1.3.1 der EU-Bekanntmachung nicht nur Eignungsbelege gefordert, die sich auf das Unternehmen des Bewerbers oder dritte Unternehmen, auf deren Kapazitäten dieser sich beruft, beziehen, sondern in Ziffer III.1.3.2 der EU-Bekanntmachung zusätzlich Eignungsbelege für konkret einzusetzende Personen (die Projektleiter und deren Stellvertreter in allen fünf sog. Rollen). Sowohl die auf das betreffende Unternehmen als auch die auf die konkreten Einzelpersonen bezogenen Eignungserklärungen sollten in die Eignungsprüfung des Bewerbers einfließen. Da es sich beim verfahrensgegenständlichen Auftrag um eine umfangreiche, über mehrere Jahre zu erbringende Dienstleistung im Zusammenhang mit dem […] mit zahlreichen Einzelleistungen handelt, die eine persönliche Zusammenarbeit mit der Ag und weiteren Bundes- und Landesbehörden erfordert, und weil die o.g. Projektleiter und Stellvertreter der Ag gegenüber verantwortlich und für die Koordinierung und Überwachung sämtlicher Mitarbeiter des Projektteams des Auftragnehmers zuständig sein sollen, liegt der erforderliche Auftragsbezug i.S.d. § 122 Abs. 4 S. 1 GWB hinsichtlich dieser zusätzlichen personenbezogenen Anforderungen an besondere Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Bundes- und Landesbehörden und dem […] vor. Wegen der von diesen konkreten Personen selbst gegenüber der Ag zu erbringenden o.g. Dienstleistungen ist es zudem angemessen i.S.d. § 122 Abs. 4 S. 1 GWB, nicht nur von dem potentiellen Auftragnehmer selbst, sondern zusätzlich zumindest für das von diesem in den einzelnen Tätigkeitsbereichen (sog. „Rollen“) eingesetzte Leitungspersonal und dessen Stellvertretung bestimmte Erfahrungen zu verlangen, um die Eignung des Bewerbers bejahen zu können. Des Weiteren sind solche personengebundenen Eigenerklärungen auch im abschließenden Anforderungskatalog des § 46 Abs. 3 VgV enthalten, wonach Angaben zu den „im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzten“ Personen verlangt werden dürfen (s. § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV). Dass die Ag die Angabe, also zumindest
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die namentliche Benennung der technischen Fachkräfte zu Recht verlangt hat, wird auch von der ASt nicht bestritten.
Anders jedoch als die ASt meint, durfte die Ag zusätzlich zur namentlichen Benennung der technischen Fachkräfte eine verbindliche Erklärung verlangen, dass diese Personen im Auftragsfall verfügbar sein würden. Die vergaberechtliche Zulässigkeit einer solchen „Verfügbarkeitserklärung“ ergibt sich bereits aus § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV, weil hiernach gerade die Angabe derjenigen Fachkräfte gefordert werden darf, „die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen“, was in der Verfügbarkeitserklärung letztlich lediglich ausdrücklich bestätigt wird. Denn eine Verfügbarkeitserklärung, mit der der Bewerber erklärt, bestimmte Personen bei der Leistungserbringung tatsächlich einzusetzen, steht in einem Komplementärverhältnis zur bloßen Angabe von technischen Fachkräften, die bei der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen. Nur durch eine solche Erklärung kann sich ein Auftraggeber die für seine Eignungsprognose erforderliche Gewissheit verschaffen, dass das beim Bewerber grundsätzlich vorhandene Fachpersonal auch tatsächlich eingesetzt wird. Wie in § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV ausdrücklich klargestellt, gilt diese Norm nicht nur für eigenes Personal des Bieters/Bewerbers, sondern auch beim Einsatz von „Fremdpersonal“ eines anderen Unternehmens, nämlich „unabhängig davon, ob diese dem Unternehmen angehören oder nicht“. Dementsprechend darf ein Auftraggeber erst Recht im Fall der Eignungsleihe i.S.d. § 47 Abs. 1 VgV, der von vornherein die Sachverhalte betrifft, in denen sich ein Bewerber/Bieter auf die Kapazitäten eines anderen Unternehmens beruft, eine solche Verfügbarkeitserklärung bzgl. des konkret einzusetzenden Personals verlangen. Dies ergibt sich aus § 47 Abs. 1 S. 3 VgV, wonach ein Bewerber im Hinblick auf bestimmte Ausbildungs- und Befähigungsnachweise oder die „einschlägige berufliche Erfahrung“ die Kapazitäten anderer Unternehmen nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn diese die Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden. Der Hintergrund dieser Regelung und damit ihr Schutzzweck besteht darin, dass die ausschreibungskonforme Ausführung des Auftrags in dem Fall, in dem ein Bewerber und potentieller Vertragspartner durch das Berufen auf einen Dritten zum Ausdruck bringt, selbst nicht über die Fähigkeiten und Erfahrungen zu verfügen, die der Auftraggeber für die Ausführung des Auftrags für erforderlich hält, jedenfalls dadurch hinreichend gewährleistet ist, dass der Dritte an seiner Stelle die betreffenden
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Leistungen erbringt. Zu dem Dritten hat der Auftraggeber mangels eigenem Vertrag jedoch keine rechtliche Beziehung, um seinen Erfüllungsanspruch ggf. rechtssicher durchsetzen zu können. Um den o.g. Schutzzweck zu erreichen, bedarf es daher neben dem späteren Einsatz des Dritten zusätzlich einer hinreichend verbindlichen Bestätigung, dass dieser Einsatz tatsächlich erfolgt. Diese Verfügbarkeitserklärung ist jedoch nicht nur im Rahmen der Vertragsausführung, sondern auch schon im vorangehenden Vergabeverfahren relevant. Denn da der Bewerber, der sich auf einen „Eignungsverleiher“ beruft, zugibt, insoweit selbst nicht leistungsfähig zu sein, kann der Auftraggeber seine Eignungsprognose, dass dieser Bewerber (trotzdem) in der Lage ist, den Auftrag ausschreibungskonform zu erbringen, nur dann valide treffen, wenn er hinreichend verlässlich weiß, dass die dem Bewerber fehlenden Fähigkeiten tatsächlich durch einen anderen bereitgestellt werden. Wie bereits eingangs zu § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV gesagt, stehen der vorgesehene Einsatz von leistungsfähigen Personen und die Bestätigung, dass diese auch tatsächlich tätig werden, in einem Komplementärverhältnis zueinander. Ohne eine verbindliche Bestätigung des späteren Einsatzes würde der Auftraggeber die Eignung eines Bewerbers anhand bestimmter Kapazitäten eines dritten Unternehmens prüfen und aufgrund dieser Prüfung ggf. die Eignung eines Bewerbers bejahen, ohne über die Zusicherung zu verfügen, dass dieselben Kapazitäten im Auftragsfall, für dessen Erledigung er bestimmte Fähigkeiten für erforderlich erachtet hat, tatsächlich auch eingesetzt werden. Eine ordnungsgemäße und abschließende Eignungsprüfung wäre einem öffentlichen Auftraggeber also ohne Vorlage einer Verfügbarkeitserklärung gar nicht möglich – damit ist hier sogar die Voraussetzung erfüllt, unter der auch die ASt die Anforderung, eine Verpflichtungserklärung vorzulegen, für zulässig erachtet, weil ihr Teilnahmeantrag (der ihrer Eignungsprüfung dient) nämlich anderenfalls gar nicht wertbar wäre. Wenn es – wie hier – nicht um die Kapazitäten eines anderen Unternehmens geht, auf die sich ein Bewerber beruft, sondern um die Fähigkeiten bestimmter Mitarbeiter, die bei einem anderen Unternehmen beschäftigt sind, reicht die Bestätigung des betreffenden Unternehmens, dem Eignungsleiher zur Verfügung zu stehen, nicht. Vielmehr ist den o.g. berechtigten Interessen des öffentlichen Auftraggebers nur durch eine Verfügbarkeitserklärung hinsichtlich der konkret benannten Personen gedient, so wie sie die Ag auch hier verlangt hat. § 47 Abs. 1 VgV ist damit – so wie § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV – Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, dass solche
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Anforderungen eines öffentlichen Auftraggebers grundsätzlich möglich und zulässig sind.
Anders als die ASt meint, ist § 47 Abs. 1 S. 3 VgV auch für die Verfügbarkeitserklärungen der Herrn Sch., S. und A. einschlägig, selbst wenn es sich bei diesen Personen um technische Fachkräfte handeln sollte, deren berufliche Erfahrungen i.S.d. Ziffer III.1.3.2.2 der EU-Bekanntmachung in die Eignungsprüfung der Ag einfließen sollen. Denn die technische Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, auf die § 47 Abs. 1 S. 3 VgV seinem Wortlaut nach nicht anwendbar ist, betrifft die technischen Mittel eines Bewerbers/Bieters (Geräte, technische Vorgehensweisen etc.), die berufliche Leistungsfähigkeit demgegenüber die Fähigkeiten des Personals, hier also die einschlägigen beruflichen Erfahrungen der in den einzelnen Rollen eingesetzten Leitungspersonen. Diese Abgrenzung wird durch die Anwendungsbeispiele bestätigt, die in § 47 Abs. 1 S. 3 VgV als Nachweise im Rahmen der beruflichen Leistungsfähigkeit ausdrücklich erwähnt werden, nämlich Ausbildungs- und Befähigungsnachweise sowie (wie hier:) Nachweise für die einschlägige berufliche Erfahrung. Demgegenüber ist das zu einem anderen Ergebnis kommende Argument der ASt, „technische“ Fachkräfte zählten zur „technischen“ Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, nicht nachvollziehbar – allein schon, weil die ASt offenlässt, was für Fachkräfte ihrer Auffassung nach im Gegenzug für die berufliche Leistungsfähigkeit relevant wären.
Da sowohl ein „Eignungsleiher“ als auch ein Unternehmen, das sich nicht auf die Kapazitäten Dritter beruft, Verfügbarkeitserklärungen für das von ihnen eingesetzte Personal auf entsprechende Anforderung des öffentlichen Auftraggebers vorlegen müssen, kommt es auf die Argumentation der ASt, sie dürfe als „Eignungsleiher“ nicht anders behandelt werden als andere Unternehmen, hier nicht an.
Anders als die ASt meint, war es den Bewerbern auch zuzumuten, die Verfügbarkeit der Personen, auf deren Eignung sie sich berufen, verbindlich bereits im Teilnahmewettbewerb und nicht erst mit der Angebotsabgabe oder unmittelbar vor Zuschlagserteilung zu bestätigen. Hierfür spricht bereits die oben schon erwähnte, § 46 Abs. 3 Nr. 2, § 47 Abs. 1 VgV zu entnehmende gesetzgeberische Entscheidung, dass die Anforderung, im Vergabeverfahren eine Verpflichtungs- oder Verfügbarkeitserklärung vorzulegen, grundsätzlich zulässig und einem
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Unternehmen, das sich auf Kapazitäten oder Personal dritter Unternehmen beruft, auch zuzumuten ist. Da diese Erklärungen für die Eignungsprüfung relevant sind, gilt dies bereits für den Zeitpunkt der Eignungsprüfung des betreffenden Unternehmens, im Fall eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb also bereits im Teilnahmewettbewerb. Darüber hinaus ist die Vorlage solcher Erklärungen im Zusammenhang mit der Eignungsprüfung aus rechtlichen Gründen geboten, denn in einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb wie hier muss die Eignungsprüfung des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 42 Abs. 2 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 3 VgV zwingend bereits im Teilnahmewettbewerb erfolgen, da nur geeignete Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen. Alles, was für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers relevant ist (und dazu gehört im hier vorliegenden Fall der Eignungsleihe auch die tatsächliche spätere Verfügbarkeit von Fachkräften des „Eignungsverleihers“), muss der Ag daher bereits im Teilnahmewettbewerb vorliegen. Eine spätere Vorlage solcher Erklärungen wäre aus Rechtsgründen also zur Erfüllung ihres Schutzzwecks ungeeignet, so dass dies schon aus diesem Grund nicht als „zumutbarere“ Alternative in Betracht kommt. Für die Zumutbarkeit, Verfügbarkeitserklärungen der Eignungsverleiher bereits im Teilnahmewettbewerb vorlegen zu müssen, spricht im konkreten Fall zudem, dass die Bewerber nur für das in den einzelnen fünf Rollen vorgesehene Leistungspersonal (samt Stellvertreter) und damit nur für insgesamt zehn Personen Verfügbarkeitserklärungen abgeben mussten. Für die Zumutbarkeit dieser Anforderung gerade für die ASt spricht zudem, dass diese immerhin für sieben der zehn von ihr benannten Mitarbeiter anforderungsgerechte Verfügbarkeitserklärungen abgegeben konnte und sich sogar für die drei Personen, deren Verfügbarkeit sie bisher nicht hinreichend bestätigen konnte, darauf berufen hat, diese austauschen zu dürfen – sie meint also, in der Lage zu sein, auch für diese Personen einen bereits jetzt verfügbaren Ersatz zu benennen.
Anders als die ASt meint, ist die Zumutbarkeit, Verpflichtungs- oder Verfügbarkeitserklärungen bereits im Teilnahmewettbewerb vorlegen zu müssen, auch nicht wegen der Rechtsprechung des BGH anders zu beurteilen. Denn die Zumutbarkeitserwägungen, die der BGH im Zusammenhang mit der namentlichen Benennung und Bindung von Nachunternehmern angestellt hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 3. April 2012, X ZR 130/10, und vom 10. Juni 2008, X ZR 78/07) finden sich inzwischen im Gesetz selbst wieder. Der Gesetzgeber unterscheidet hiernach
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u.a. zwischen „bloßem“ Nachunternehmereinsatz einerseits und dem Einsatz von eignungsverleihenden Nachunternehmern andererseits. Bei Nachunternehmern dürfen Verpflichtungserklärungen regelmäßig erst „vor Zuschlagserteilung“ und nur von den Bietern in der „engeren Wahl“ verlangt werden (s. § 36 Abs. 1 S. 2 VgV) – für den Fall der Eignungsleihe enthält demgegenüber § 47 VgV keine vergleichbaren zeitlichen Einschränkungen. Auch in Ansehung der bisherigen Rechtsprechung des BGH bleibt es daher bei dem oben gefundenen Ergebnis.
Die von der Ag geforderte Verfügbarkeitserklärung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie missverständlich formuliert oder hinsichtlich des hierin zu bestätigenden Leistungsumfangs zu ungenau oder offen gewesen sein soll (so aber die ASt). Dass der geforderte Erklärungsinhalt auch für die ASt hinreichend eindeutig war, zeigt bereits die Tatsache, dass sie für sieben der insgesamt zehn von ihr benannten Mitarbeiter Verfügbarkeitserklärungen abgegeben hat, die den Vorgaben der Ag entsprechen. Unabhängig von dem individuellen Verständnis der ASt war der personelle und zeitliche Umfang der Verfügbarkeitsbestätigung aus Sicht eines objektiven und sachkundigen Bewerbers eindeutig bereits der Bekanntmachung zu entnehmen. Hiernach waren je Rolle zwei Personen (der Projektleiter der jeweiligen Rolle und dessen Stellvertreter) zu benennen, die „dauerhaft“, also während der gesamten in der Bekanntmachung genannten Vertragslaufzeit, eingesetzt werden sollen. Dass gerade in einem Verhandlungsverfahren zum Zeitpunkt des Teilnahmewettbewerbs also lange vor Abschluss der Vertragsverhandlungen noch nicht alle Details der Auftragsausführung feststehen (gerade was den Leistungsumfang in zeitlicher und personeller Hinsicht angeht), steht dem jedenfalls im streitgegenständlichen Vergabeverfahren nicht entgegen. Denn immerhin waren den an diesem Auftrag interessierten Unternehmen bereits im Teilnahmewettbewerb die Leistungsbeschreibung und damit die wesentlichen Leistungsinhalte und deren Umfang – mit der in einem Verhandlungsverfahren gebotenen Unsicherheit – bekannt. Die Bewerber mussten sich mit der Leistungsbeschreibung zudem schon bei der Erstellung ihres Teilnahmeantrags vertieft auseinandersetzen, um die bereits jetzt vorzulegende Projektskizze zu erstellen, in der sie u.a. zum „Auftragsumfang, geplanten technischen Gesamtansatz und der geplanten Vorgehensweise“ sowie zum „Zeit- und Personalmanagement“ Stellung nehmen sollten. Hieraus ist gleichermaßen zu entnehmen, dass die Ag den Bewerbern
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gerade nicht alle Details zur Vorgehensweise und zum Personal- und Zeitansatz vorgeben, sondern es – wie in einem Verhandlungsverfahren üblich und vergaberechtlich zulässig – gerade den Bewerbern selbst überlassen wollte, im Rahmen der Vorgaben der Ag die individuell für erforderlich gehaltenen Zeit- und Personalkapazitäten selbst zu planen. In der Gesamtschau der von der Ag aufgestellten Anforderungen sind diese aus maßgeblicher Sicht eines objektiven sachkundigen Bewerbers mithin so zu verstehen, dass die von den Bewerbern geforderten Angaben im Wesentlichen auf deren eigener Einschätzung der personellen und zeitlichen Erforderlichkeiten und nur auf den Erkenntnissen beruhen (können), die den Bewerbern zu diesem Zeitpunkt auch bereits vorlagen. Konkretere Angaben waren in der Verfügbarkeitserklärung nicht gefordert und dementsprechend von den Bewerbern bzw. deren Eignungsverleihern auch nicht vorzunehmen.
Dass die im Vergabeverfahren benannten Personen dem Auftragnehmer möglicherweise nicht während der gesamten Vertragslaufzeit z.B. mangels Fortdauer ihres Beschäftigungsverhältnisses zur Verfügung stehen, stellt die hinreichende Bestimmtheit der geforderten Verfügbarkeitserklärungen ebenfalls nicht in Frage. Dieser Aspekt betrifft vielmehr die von der im jetzigen Vergabeverfahren geforderten Verfügbarkeitserklärung zu trennende spätere Durchführung des Vertrags. In diesem Fall greifen die Regelungen der VOL/B oder sonstige Vertragsbedingungen. Im Stadium des Teilnahmewettbewerbs ging es der Ag aber allein darum, die Personalplanung für den Vertragsbeginn verbindlich festzulegen, damit sie auf dieser Grundlage ihre Eignungsprüfung durchführen konnte. Exakt dies hat die Ag mit ihrer Formulierung, dass die Personen zu benennen sind, die „auch dauerhaft“ in den betreffenden Positionen eingesetzt werden „sollen“, verlangt.
Da die Forderung der Ag, eine Verfügbarkeitserklärung vorzulegen, jedenfalls aus vergaberechtlicher Sicht rechtmäßig war, braucht (anders als die ASt meint) nicht entschieden zu werden, ob und inwieweit dies nach AGB-Recht ebenfalls der Fall wäre.
bb) Mit ihrem Teilnahmeantrag hat die ASt die geforderten Verfügbarkeitserklärungen für drei der zehn von ihr benannten Personen nicht abgegeben (für Herrn Sch., Herrn S.
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und Herrn A.). Denn die ASt bzw. ihr Nachunternehmer […], der ihr die betreffenden Personen überlassen soll, hat nicht deren Verfügbarkeit bestätigt, sondern darauf verwiesen, dass diese Bestätigung erst „im finalen Angebot“ erfolge. Diese Erklärung genügt in materieller Hinsicht nicht den von der Ag wirksam, (s.o. unter 2a)aa)) aufgestellten Anforderungen, weil die Ag im Zeitpunkt der Eignungsprüfung (also im Teilnahmewettbewerb) noch nicht hinreichend sicher weiß, ob sie die Fähigkeiten dieser drei Personen der ASt zurechnen und die Prüfung der Eignung der ASt hierauf hinreichend verlässlich stützen kann. Ohne diese Erklärung kann die Ag ihre zwingend im Teilnahmewettbewerb abzuschließende Eignungsprüfung (s.o. unter 2a)aa)) mithin nicht endgültig durchführen.
Anders als die ASt meint, erfüllt die Erklärung ihres Eignungsverleihers […] in Dokument 5 der Vergabeunterlagen „Erklärung des Unterauftragnehmers zur Eignungsleihe“ die Anforderungen der Ag ebenfalls nicht. Denn hierin bestätigt […] nur, der ASt im Auftragsfall „die erforderlichen Mittel“ zur Verfügung zu stellen. Dass es sich hierbei (jedenfalls auch) konkret um die für die Eignungsprüfung der ASt relevanten Personen Sch., S. und A. handelt, ist damit nicht gesagt.
cc) Damit enthält der Teilnahmeantrag der ASt nicht alle von der Ag wirksam geforderten Erklärungen, so dass er gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VgV zwingend auszuschließen war. Dass die Ag in einem Aktenvermerk bestätigt hatte, dass die o.g. drei Personen die von ihr aufgestellten Anforderungen erfüllen, bindet jedenfalls nicht die Vergabekammer, zwingende Ausschlussgründe ggf. sogar von Amts wegen aufzugreifen.
Da die Angaben der ASt in ihrem Teilnahmeantrag zwar formal, aber nicht in inhaltlicher Hinsicht den bekannt gemachten Anforderungen der Ag entsprechen, handelt es sich hierbei nicht um eine „fehlende“ Erklärung i.S.d. § 56 Abs. 2 S. 1 VgV, so dass sich die Frage, ob die ASt diese Angaben auf Nachforderung der Ag ggf. nachreichen dürfte, schon aus diesem Grund gar nicht stellt (vgl. zur Abgrenzung OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. März 2018, VII-Verg 42/17).
Auch auf die gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 VgV erlaubte Möglichkeit, fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen zu „korrigieren“, kann sich die ASt nicht berufen. Denn die Benennung einer anderen Person oder die Abänderung der bisher
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vorgelegten Verfügbarkeitserklärungen dahingehend, dass die Verfügbarkeit der betreffenden Person doch wie gefordert bereits jetzt zugesichert wird, wäre kein gemäß § 56 Abs. 2 VgV unter bestimmten Voraussetzungen erlaubtes „Korrigieren“ von Erklärungen, sondern die Vorlage eines „neuen“, da inhaltlich insoweit abgeänderten, Teilnahmeantrags. Dies verstößt gegen die vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung der Bewerber und der Transparenz des Vergabeverfahrens und ist daher rechtswidrig (vgl. EuGH, Urteile vom 28. Februar 2018, Rs. C-523/16; und vom 4. Mai 2017, Rs. C-387/14; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 28. März 2018, VII-Verg 42/17; und vom 16. März 2016, VII-Verg 48/15; OLG München, Beschluss vom 15. März 2012, Verg 2/12).
Aus denselben Gründen durfte die Ag es der ASt auch nicht im Rahmen einer Aufklärung ermöglichen, die bereits benannten Personen durch andere auszutauschen oder die vorgelegten Verfügbarkeitserklärungen zu ändern. Denn auch in diesem Fall hätte es sich um eine nachträgliche inhaltliche Abänderung des Teilnahmeantrags der ASt nach Ablauf der Einreichungsfrist gehandelt, die aus Gründen der Gleichbehandlung und Transparenz des Vergabeverfahrens nicht zulässig ist (so auch EuGH, Urteil vom 29. März 2012, Rs. C-599/10; OLG München, Beschluss vom 21. April 2017, Verg 2/17). Abgesehen davon setzt eine Aufklärung in sich widersprüchliche oder zweifelhafte Erklärungen eines Bewerbers oder Bieters voraus. Dies ist hier hinsichtlich der Aussagen im Teilnahmeantrag der ASt zur Verfügbarkeit der Herren Sch., S. und A. nicht der Fall (s.u.).
Damit steht die ASt auch nicht schlechter da als wenn sie zunächst gar keine Erklärungen über die Verfügbarkeit des einzusetzenden Personals vorgelegt hätte. Denn der Bewerber/Bieter, der erst auf Nachforderung Erklärungen vorlegt, die den ausgeschriebenen Anforderungen inhaltlich nicht entsprechen, ist ebenso auszuschließen wie dasjenige Unternehmen, das von vornherein eine fehlerhafte Erklärung vorgelegt hat. Der Ausschluss des Erstgenannten erfolgt also lediglich zu einem späteren Zeitpunkt, die Rechtsfolge, die sich an die Vorlage einer nicht anforderungskonformen Erklärung anschließt, ist jedoch in beiden Fällen gleich.
Ferner darf die ASt ihren Eignungsverleiher […] auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 S. 3 VgV austauschen, um auf diese Weise für andere Personen anforderungsgerechte Verfügbarkeitserklärungen vorlegen zu können. Denn § 47 Abs. 2 S. 3 VgV sieht eine
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Ersetzung eines Eignungsverleihers nur für die Fälle vor, dass dieser „das entsprechende Eignungskriterium nicht erfüllt oder bei dem zwingende Ausschlussgründe nach § 123 [GWB] vorliegen“. Hierunter fällt die Vorlage einer unzureichenden Verpflichtungs- oder Verfügbarkeitserklärung i.S.d. § 47 Abs. 1 VgV nicht. Denn der Katalog an Eignungskriterien, den der öffentliche Auftraggeber gemäß § 47 Abs. 2 VgV prüft (und der bei Nichterfüllung einzelner Kriterien ggf. zur Ersetzung des Eignungsverleihers gemäß § 47 Abs. 2 S. 3 VgV führt), ergibt sich aus Art. 63 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2014/24/EU, der in § 47 VgV umgesetzt wurde. Hiernach beurteilt der Auftraggeber die Eignung des Eignungsverleihers „gemäß den Artikeln 59, 60 und 61“ sowie anhand der „Ausschlussgründe gemäß Art. 57“ RL 2014/24/EU. Die Verpflichtungs- oder Verfügbarkeitserklärung, die ein Eignungsverleiher auch nach EU-Vergaberecht abgeben muss, ergibt sich nicht aus diesen Vorschriften, sondern aus Art. 63 Abs. 1 UAbs. 1 RL 2014/24/EU.
Dem Ausschluss ihres Teilnahmeantrags steht auch nicht die von der ASt erwähnte Entscheidung des BGH vom 18. Juni 2019 (Az. X ZR 86/17) entgegen. Denn diese Entscheidung betraf zum einen einen anderen Sachverhalt, da im Fall des BGH die vom Bieter abgegebene Erklärung über seine Zahlungsbedingungen bereits deshalb nicht von den vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen aufgestellten Anforderungen abweichen konnte, weil der Auftraggeber dies durch eine entsprechende „Abwehrklausel“ verhindert hatte. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Zweitens hat der BGH zwar festgestellt, dass das Angebot des betreffenden Bieters widersprüchlich war und daher nicht ohne vorheriges Bietergespräch zum Zwecke der Klarstellung des Angebotsinhalts hätte ausgeschlossen werden dürfen (Rdnr. 21). Ein vergleichbarer Widerspruch, der von der Ag möglicherweise aufgeklärt werden müsste, besteht im Teilnahmeantrag der ASt jedoch nicht. Denn laut der Erklärung ihres Unterauftragnehmers […] in Dokument 5 „garantiert“ dieser, dass er „die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrages zur Verfügung“ stellt; hinsichtlich der konkret benannten Personen Sch., S. und A. führt die […] aus, dass sie deren „genauen Verfügbarkeiten“ erst später bestätigen könne. Diese Erklärungen widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich dergestalt, dass die […] zwar pauschal verspricht, nicht näher genannte Mittel zur Verfügung zu stellen, sie dies aber für die konkret benannten Personen, deren Eignung die Ag bereits vor Wertung der Angebote im späteren Verhandlungsverfahren abschließend beurteilen will, noch nicht zusagen kann. Sicherlich ist – so der BGH – ein möglichst umfassender Wettbewerb mit einer
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möglichst hohen Zahl von Angeboten grundsätzlich wünschenswert. Dies kann jedoch nicht dazu führen, gesetzlich zwingende Ausschlussgründe auszuhöhlen. Zu deren Beachtung ist die Ag allein schon aus Gründen der Gleichbehandlung der anderen Bewerber sowie der Transparenz des Vergabeverfahrens verpflichtet.
b) Da der Teilnahmeantrag der ASt von der Ag bereits zu Recht ausgeschlossen wurde, weil dieser die geforderten Verfügbarkeitserklärungen für die Herren Sch., S. und A. nicht enthält, braucht nicht entschieden zu werden, ob der Ausschluss ebenfalls darauf gestützt werden dürfte, dass die von der ASt zur Rolle 3 benannten zwei Personen angeblich kein Informatik- oder vergleichbares Studium absolviert haben. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Ausschlusses bestehen deshalb, weil sich diese Eignungsanforderung nicht aus der EU-Bekanntmachung ergibt und das Dokument 3 aus Paket 1, in dem dieses Eignungskriterium erstmals aufgeführt war, in der Bekanntmachung nicht unmittelbar verlinkt war, sondern von den Bewerbern erst mithilfe des allgemeinen Links unter Ziffer I.3 der EU-Bekanntmachung aus den umfangreichen gesamten Vergabeunterlagen herausgesucht werden musste (vgl. zur Rechtslage OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18). Wenn ein Eignungskriterium nicht gemäß § 122 Abs. 4 S. 2 GWB ordnungsgemäß bekannt gemacht wurde, darf der öffentliche Aufraggeber den Ausschluss eines Bieters hierauf nicht stützten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018, a.a.O.).
c) Der Hilfsantrag der ASt, das Vergabeverfahren wegen nicht ordnungsgemäß bekannt gemachter Eignungskriterien aufzuheben, hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn selbst wenn die Ag z.B. bei dem Kriterium „abgeschlossenes Hochschulstudium (…) der Informatik oder einer vergleichbaren Studienrichtung“ gegen § 122 Abs. 4 S. 2 GWB verstoßen haben sollte (vgl. hierzu oben unter 2b)), liegt es im Ermessen der Ag, ob sie deshalb das Vergabeverfahren aufhebt (s. § 63 Abs. 1 VgV). Dafür, dass dieses Ermessen hier ausnahmsweise auf Null reduziert sein könnte, so dass die Vergabekammer das Vergabeverfahren möglicherweise von Amts wegen aufheben dürfte, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Denn vor allem verhält es sich vorliegend nicht so, dass die Ag die Eignung der Bewerber mangels Bekanntmachung von Eignungskriterien gar nicht prüfen könnte. Denn zahlreiche Eignungskriterien ergeben sich wie in § 122 Abs. 4 S. 2 GWB vorgeschrieben unmittelbar aus der EU-Bekanntmachung (s. Ziffer III.1.3 der EU-Bekanntmachung), so dass die Ag eine Eignungsauswahl unter den Bewerbern treffen kann und nicht die Gefahr besteht, den Auftrag an ein Unternehmen vergeben zu müssen, dass
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die von der Ag für erforderlich gehaltenen (aber nicht wirksam bekannt gemachten) Eignungskriterien nicht erfüllt. Ob die möglicherweise nicht wirksam aufgestellten Eignungskriterien für eine ordnungsgemäße Ausführung des verfahrensgegenständlichen Auftrags so wichtig sind, dass das Vergabeverfahrens aufzuheben ist, obliegt allein dem Ermessen der Ag.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, 3 S. 2 VwVfG.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Ag war notwendig, da das Nachprüfungsverfahren komplexe Rechtsfragen insbesondere zu den noch vergleichsweise neuen Regelungen über die Eignungsleihe (§ 47 VgV) aufgeworfen hat, die die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten als sachgerecht erscheinen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06).
IV.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der
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Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.
Behrens
Dr. Dittmann