Im Ausgangspunkt ist es zwar im Sinne der auch dem öffentlichen Auftraggeber zustehenden Privatautonomie seine Sache, zu definieren, was er beschaffen möchte. Das Vergaberecht regelt nur, in welchem Verfahren und nach welchen Regeln zu be-schaffen ist. Die Definition des Beschaffungsbedarfs ist der eigentlichen Vergabe so-mit vorgelagert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Oktober 2009 – Verg 25/09; Be-schluss vom 17. Februar 2010 – Verg 42/09; Beschluss vom 13. April 2016 – Verg 47/15; OLG Jena, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 Verg 1/14). Diese Freiheit des Auftraggebers führt vorliegend dazu, dass die ausweislich der Anlage 3 zum Vergabevermerk getroffene Grundentscheidung, ein […] beschaffen zu wollen, in keiner Weise zu beanstanden ist. Die Ag hat diesen Bedarf nachvollziehbar dargelegt.
Allerdings nimmt die Ag nach dieser Grundfestlegung eine weitergehende Spezifizierung vor, die im Ergebnis dazu führt, dass danach allein das Produkt der Bg bedarfsgerecht ist. Diese weitergehende Spezifizierung bedingt also einen völligen Ausschluss von Wettbewerb. Auch wenn das zu beschaffende […] zu Zwecken der Wis-senschaft und Forschung eingesetzt werden soll und die Freiheit des Auftraggebers zur Festlegung des Beschaffungsbedarfs daher ggf. in besonderem Maße bedeutsam ist, so ist dennoch zu berücksichtigen, dass eine Vergabe ohne vorhergehende Veröffentlichung einer Bekanntmachung die absolute Ausnahme darstellen muss.
2. Vergabekammer des Bundes VK 2 – 73/20
Beschluss
In dem Nachprüfungsverfahren
[…],
– Antragstellerin –
gegen
[…],
– Antragsgegnerin –
[…],
Verfahrensbevollmächtigte:
[…],
– Beigeladene –
wegen der Vergabe „Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb […], hat die 2. Verga-bekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Herlemann, den hauptamtlichen Beisitzer Oberregierungsrat Dr. Schier und den ehrenamtlichen Beisitzer Pi-larski auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2020 am 29. September 2020 be-schlossen:
1. Der Vertrag zwischen Antragsgegnerin und Beigeladener über die Lieferung und […], wird für unwirksam erklärt.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstel-lerin. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.
– 2 –
Gründe:
I.
1. Die Antragsgegnerin (Ag) führte ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zur Beschaffung […] durch.
Der Beschaffungsvorgang ist in der Vergabeakte mit Vergabevermerk vom 27. Juli 2020 do-kumentiert. Unter „2 Vorbereitung des Vergabeverfahrens/2.1 Verfahrenswahl – angegebene Ausnahmetatbestände“ wird dargelegt, dass eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zulässig sei, wenn der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden könne, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b VgV). Als Begründung für das Vorliegen dieser Ausnah-mevoraussetzungen wird unter Bezugnahme auf die Anlage 3 zum Vergabevermerk Folgen-des angeführt:
„Der Auftraggeber benötigt für die Erfüllung seiner, auch zukünftigen, Aufgaben und insbesondere zu Forschungszwecken zur mittelbaren Eindämmung der Coronapan-demie zwingend ein […]. Im Rahmen einer umfangreichen Markerkundung wurde festgestellt, dass aus den verschiedensten technischen Gründen, ausschließlich das […] der Firma […] alle zwingend erforderlichen Leistungsmerkmale besitzt, um diese Aufgaben des Auftraggebers auszuführen. Die technischen Besonderheiten sind dem beigefügten Vermerk des Auftraggebers zu entnehmen.“
Die Anlage 3 zum Vergabevermerk enthält eine „Begründung […] (Durchführung Verhand-lungsvergabe und Vorgabe einer produktspezifischen Leistungsbeschreibung)“. Es wird dort im Einzelnen dargelegt:
für welche Anwendungen die Ag das zu beschaffende […] benötigt;
welches Gerät die Ag derzeit noch nutzt ([…] aus dem Jahr 2001) und dessen alters-bedingte Defektanfälligkeit;
Darlegung, dass zur Erweiterung des Methodenspektrums und zwecks Nutzung mo-derner Methoden der Ultrastrukturdarstellung nunmehr die […]am Standort der Ag ein-geführt werden soll;
– 3 –
Notwendigkeit, ein […] zu beschaffen, um den geschilderten Bedarf abzudecken (Wei-ternutzung der bisher etablierten, konventionellen Methoden einerseits sowie zusätzli-che Einführung von […] als neue Methode der 3D-Visualisierung von Virusstrukturen andererseits);
Bezugnahme auf eine umfassende, europaweite Marktrecherche in Form eines Aus-tauschs durch Vor-Ort-Besuche/Telefonate/E-Mail/Website mit insgesamt neun, im Einzelnen aufgelisteten Einrichtungen, die […] nutzen;
Im Ergebnis der Marktrecherche kämen für […] im hier geforderten Einsatzgebiet Life Sience nur zwei Geräte in Betracht, das […] der Antragstellerin (ASt) und das […] der Beigeladenen (Bg), die auf unterschiedliche Konzepte bezüglich der Elektronen erzeu-genden Feldemissionskathode setzten;
das Produkt der ASt gewährleiste zwar eine höhere Helligkeit, sei aber nachteilig im Aspekt der Stabilität; die lange Analysen über mehrere Tage nicht möglich machten. Ferner sei der Strahlstrom beim Produkt der ASt ein weiterer Nachteil, der einen direk-ten Einfluss auf die Analyse habe und im Ergebnis zu einem erheblichen Verlust an Information führe;
die Bg habe ein Produkt mit besonderer Helligkeit entwickelt und vereine alle für die Anwendung der Ag wichtigen Kriterien, wonach es Ziel sei, Tomographie-Experimente mit möglichst dicken Schnitten durchzuführen, wozu eine maximal mögliche Helligkeit erforderlich sei sowie eine große Stabilität, da die Experimente über mehrere Tage gingen;
die Auswertung der publizierten 3D-EM-Strukturen auf der […], einem globalen Portal zur Veröffentlichung von EM-Strukturdaten, zeigten knapp 10.000 EM-Strukturen mit Geräten der Bg und knapp 900 EM-Strukturen mit Geräten der ASt. Die nationalen […] seien ausnahmslos mit Geräten der Bg ausgestattet, auch die in Deutschland ansäs-sigen […]Forschungslabore setzten auf Produkte der Bg.
In Summe aller Kriterien sei daher nur das Produkt […] der Bg für die Fragestellungen der Ag geeignet.
Die Vergabeakte wies im Beschaffungsantrag unter Punkt 8 eine Vorbefassung der Bg gem. § 7 VgV aus, ohne diese näher darzustellen.
Am 27. Juli 2020 wurde der Vertrag mit der Bg abgeschlossen. Eine „Bekanntmachung verge-bener Aufträge“ erfolgte am […]. Zur Wahl der Verfahrensart wurde dort angegeben, dass aus
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technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden sei. Der Auftraggeber benötige für die Er-füllung seiner, auch zukünftigen, Aufgaben und insbesondere zu Forschungszwecken zur mit-telbaren Eindämmung der Coronapandemie zwingend ein […]. Im Rahmen einer umfangrei-chen Markterkundung sei festgestellt worden, dass aus den verschiedensten technischen Gründen ausschließlich das näher bezeichnete Produkt der Bg alle zwingend erforderlichen Leistungsmerkmale besitze, um diese Aufgaben des Auftraggebers auszuführen. Als Gesamt-wert der Beschaffung (ohne MwSt.) war in der Bekanntmachung 0,01 EUR angegeben.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2020 rügte die ASt die Vorgehensweise der Ag. Eine Vergabe gem. § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b VgV sei nur zulässig, wenn der gewählte Anbieter sozusagen Monopolist für die nachgefragte Leistung sei, was bei […] fernliegend sei. Auch sei eine transparente Nennung des Auftragswertes erforderlich, um anderen Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit der Evaluierung der eigenen Angebote zu ermöglichen.
Mit Schreiben vom 14. August 2020 wies die Ag die Rügen mit vertiefter Begründung zurück.
2. Mit Schreiben vom 26. August 2020 stellte die ASt Nachprüfungsantrag bei der Vergabekam-mer.
a) Sie stützt den Nachprüfungsantrag darauf, dass der durch Zuschlagserteilung geschlos-sene Vertrag mit der Beigeladenen (Bg) gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB von Anfang an unwirksam sei, weil die Ag den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntma-chung vergeben habe, ohne dass dafür ein Rechtsgrund bestanden habe.
Die technische Begründung für die Feststellung der Ag, dass für die vorgesehenen An-wendungen des […] im Bereich Life Sciences ([…]) eine besonders helle Elektronenquelle vonnöten sei, sei nicht haltbar, da biologische Proben mit sehr niedrigen Strahlendosen untersucht würden, um Probenschädigung zu vermeiden. Auch soweit die Ag nunmehr geltend mache, weiterhin konventionell präparierte Proben untersuchen zu wollen, gelte, dass auch diese durch eine besonders hohe Helligkeit beschädigt werden könnten. Eine Vielzahl von Kunden der ASt könne den von der Ag geforderten Einsatzbereich mit einem Emitter von deutlich geringerer Helligkeit ausfüllen. Das Helligkeits-Erfordernis sei eine reine Schutzbehauptung für die Zulässigkeit der gewählten Vergabeart.
– 5 –
Auch komme es hinsichtlich der Durchstrahlung dicker Proben nicht auf den hohen Strahl-strom, sondern auf die verwendete Beschleunigungsspannung und damit auf die Energie der Elektronen an. Selbst bei Zugrundelegung der Argumentation der Ag, dass ein hoher Strahlstrom nötig sei, sei zu berücksichtigen, dass die Emitter der ASt deutlich höhere Probenströme als die in den Broschüren der Bg genannten Werte ermöglichten.
Die Stabilität der Emission sei in den Broschüren beider Hersteller nicht spezifiziert und könne daher ohne Kontakt der Ag zur ASt nicht bewertet worden sein. Sie sei jedoch er-fahrungsgemäß bei beiden Herstellern auf ähnlichem Niveau.
Anders als die Ag es darstelle sei die […] der ASt sehr wohl geeignet für die Langzeitana-lyse von konventionellen wie auch insbesondere von […]. Dies zeigten auch Testresultate von Kunden der ASt.
Soweit sich die Ag auf eine Auswertung der Online-Plattform […] beziehe, enthalte diese keine Einträge zum tatsächlich beschafften Mikroskop der Bg. Im Übrigen enthalte die Da-tenbank eine Vielzahl von Einträgen, die mit Systemen der ASt erstellt worden seien. So-weit die Ag darauf abstelle, dass die Anzahl von Einträgen aufgrund von Forschungser-gebnissen mittels Geräten der Bg höher sei als die Anzahl der Einträge der Bg, so lasse sich nicht erkennen, welchen Zugewinn sich die Ag hieraus für ihre Forschung verspreche.
Die Behauptung der Ag, dass ausnahmslos alle […] Systeme der Bg verwenden würden, sei falsch und stelle keinen Ausschlussgrund auf Grund fehlenden technischen Wettbe-werbs dar. Es sei nicht erkennbar, welchen Einfluss die Ausstattung anderer Einrichtungen auf die Forschung der Ag haben solle.
Es müsse für andere Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich sein, die gefor-derte Leistung zu erbringen. Hier gälten strenge Anforderungen an die Markterkundung des öffentlichen Auftraggebers. Aufgrund gänzlich unterbliebener Kommunikation zwi-schen der ASt, einem bekannten Hersteller […] Geräte, lägen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) VgV nicht vor.
Soweit die Ag auf die besondere Helligkeit und eventuell bestehende zusätzliche Eigen-heiten der jeweiligen Elektronenquellen abstelle, sei zu berücksichtigen, dass es sich um reine Bewertungskriterien handele, die in einem Vergabeverfahren berücksichtigt werden müssten.
– 6 –
Hinsichtlich der Beratung der Ag durch die Bg seien keine Maßnahmen ergriffen worden, die sicherstellten, dass der Wettbewerb nicht verzerrt werde.
Die ASt beantragt:
1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 160 ff. GWB;
2. die Feststellung, dass der am 27.07.2020 mit der Bieterin geschlossene Vertrag über die Lieferung eines […] von Anfang an unwirksam ist;
3. hilfsweise das Treffen geeigneter Maßnahmen, um die von der Vergabekammer fest-gestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;
4. die Gewährung der Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 165 Abs. 1 GWB;
5. der Ag die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
b) Mit Schreiben vom 03. September 2020 beantragt die Ag,
den Nachprüfungsantrag vom 26.08.2020 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Nachprüfungsantrag sei bereits nicht statthaft, da durch den erteilten Zuschlag ein Vertrag zwischen Ag und Bg wirksam zustande gekommen sei, eine Unwirksamkeit gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB liege nicht vor.
Die Ag benötige zur Erfüllung ihrer Forschungsaufgaben ein […]. Da sich jedoch nicht alle Aufgabenstellungen mit […] Proben bearbeiten ließen, sei gleichzeitig auch weiterhin die bisher, unter Nutzung eines älteren […], bei der Ag praktizierte Methode der Herstellung und Analyse konventionell, chemisch fixierter Proben erforderlich. Die Ag rechne insoweit perspektivisch mit einer Verteilung von etwa 50 : 50.
Die Ag habe vor Einleitung des Verhandlungsverfahrens eine umfassende Markterkun-dung vorgenommen, als deren Ergebnis festgestellt worden sei, dass ausschließlich das Produkt der Bg alle zwingend erforderlichen Leistungsmerkmale für die Anwendung bei der Ag besitze. Die Ag verweist hinsichtlich der Markterkundung konkret auf persönliche Gespräche mit drei […] nutzenden Einrichtungen, einen weiteren E-Mail-Kontakt sowie auf die Website-Recherche bei fünf weiteren Einrichtungen. Bei den Gesprächen sei über die unterschiedlichen […] sowie über die Vor- und Nachteile von Geräten der ASt und der Bg
– 7 –
gesprochen worden. Auch habe eine Literaturrecherche stattgefunden, zu welcher die Ag Auszüge einreichte.
Ausschlaggebendes Kriterium im Vergleich der Produkte sei die besondere Helligkeit des Gerätes der Bg. Zwar sei der ASt zuzugeben, dass Proben unter […]Bedingungen bei niedrigen Strahlendosen untersucht würden und damit die Helligkeit der Elektronenquelle hierbei eine untergeordnete Rolle spiele. Entscheidend komme jedoch hinzu, dass auch konventionell präparierte Proben untersucht werden sollten, die eine besondere Helligkeit des Gerätes erforderlich machten. Ziel sei es, Tomografie-Experimente mit möglichst di-cken Schnitten durchzuführen, wozu eine maximal mögliche Helligkeit erforderlich sei, um möglichst viele Informationen zu gewinnen. Auch müsse die Stabilität des Gerätes gewähr-leistet sein, um eine lange Analyse über mehrere Tage möglich zu machen.
Die ASt biete das infrage kommende Gerät mit einer […] an, die Bg baue auf eine […] mit hoher Helligkeit. Die […] sei heller als die […], jedoch nicht so stabil, was eine lange Ana-lyse unmöglich mache. Die […] müsse in einem Intervall von vier bis acht Stunden einem sog. Flashing, einem Aufheizen, unterzogen werden, um Kontaminationen an der Spitze der Elektronenquelle zu beseitigen. Auch führe der Strahlstrom der […] zu einem erhebli-chen Verlust an Informationen. Die Emission der […] schwanke teilweise um 20 %. Die […] der ASt weise diese Nachteile zwar nicht auf, ihr fehle jedoch die erforderliche beson-dere Helligkeit, welche die […] der Bg leiste. Auch sei die Stabilität der […] mit einer Ab-weichung von nur 1 % über eine Woche deutlich geringer. Je heller die Elektronenquelle, desto dickere Proben könnten durchstrahlt werden, ohne dabei Kontrast zu verlieren. Auch sei so eine kürzere Expositionszeit der Probenstelle und damit gerade eine geringere Schädigung der Probe möglich.
Aufgrund der herausragenden Bedeutung der besonderen Helligkeit komme das Gerät der ASt nicht als Ersatzlösung in Betracht.
Dieser mangelnde Wettbewerb sei auch nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschrän-kung der Auftragsvergabeparameter. Die Anwendungen der Ag erforderten die […] mit besonders hoher Helligkeit.
Bezüglich der Auswertung der Onlineplattform […] sei nicht nach einzelnen […] Typen, sondern nach Herstellern im Allgemeinen gefiltert worden, um einen Eindruck zu erhalten, mit welchen Geräten mehr publizierbarer Output generiert werde. Mit nach aktuellem Stand
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rund 900 Einträgen habe die ASt deutlich weniger Einträge als die Bg mit über 10.000 Einträgen.
Zwar hätten inzwischen die Nationalen […] in Spanien und Belgien Geräte der ASt be-schafft. Die Anzahl der verbleibenden Nationalen […] Facilities, die auf Geräte der Bg setz-ten, spreche jedoch für sich.
c) Mit Beschluss vom 28. August 2020 wurde die Bg zum Verfahren hinzugezogen. Sie hat sich nicht zur Sache eingelassen und auch nicht an der mündlichen Verhandlung teilge-nommen.
3. In der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2020 wurde der Sachverhalt umfassend erörtert. ASt und Bg erhielten antragsgemäß Akteneinsicht, soweit nicht Geschäftsgeheim-nisse betroffen waren, § 165 Abs. 2 GWB. Die Kammer hat von Amts wegen aufgeklärt, wie die Ag korrekt zu bezeichnen ist. Auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte, soweit sie der Vergabekammer vorlag, sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer wird Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig (unter 1.) und begründet (unter 2.).
1. Es handelt sich bei der Ag um einen dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Auftragge-ber. Der vergebene Auftrag überschreitet unstreitig die Schwelle von 214.000 € für Liefer- und Dienstleistungsaufträge.
Der bereits erfolgte Zuschlag steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Die ASt macht gerade geltend, dass der bereits geschlossene Vertrag wegen Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB für unwirksam zu erklären sei. Dies ist im Rahmen der Zulässigkeit als richtig zu unterstellen. Ob die Zuschlagserteilung tatsächlich für unwirksam zu erklären ist, ist Ge-genstand der Begründetheitsprüfung.
Die ASt hat den angeblichen Vergaberechtsverstoß binnen 30 Tagen nach Veröffentli-chung der Bekanntmachung über vergebene Aufträge am […] mit ihrem Nachprüfungs-antrag vom 26. August 2020 angegriffen und damit die 30-Tages-Frist des § 135 Abs. 2
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S. 2 GWB eingehalten. Vorangegangen war eine Rüge der Direktvergabe an die Bg mit Schreiben vom […], wobei es einer Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 2 GWB nicht bedurft hätte.
Die ASt vertreibt u.a. […], die nach den Angaben der ASt den Anforderungen der hiesigen Vergabe genügen und käme daher grundsätzlich als Bieterin bei einer, nach Ansicht der ASt von der Ag durchzuführenden Ausschreibung in Betracht. Ihr Interesse am Auftrag hat die ASt durch Rüge und Einreichung des Nachprüfungsantrags nachgewiesen. Infolge der Direktbeauftragung hat die ASt keine Gelegenheit erhalten, sich an einem Wettbewerb zu beteiligen, so dass ein dadurch bedingter Schaden möglich ist. Die Antragsbefugnis, § 160 Abs. 2 GWB, ist damit gegeben.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Eine gesetzliche Gestattung, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zu vergeben, liegt nicht vor. Der zwischen Ag und Bg geschlossene Vertrag über die Beschaffung des […] ist daher für unwirksam zu erklären.
a) Im Ausgangspunkt ist es zwar im Sinne der auch dem öffentlichen Auftraggeber zu-stehenden Privatautonomie seine Sache, zu definieren, was er beschaffen möchte. Das Vergaberecht regelt nur, in welchem Verfahren und nach welchen Regeln zu be-schaffen ist. Die Definition des Beschaffungsbedarfs ist der eigentlichen Vergabe so-mit vorgelagert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Oktober 2009 – Verg 25/09; Be-schluss vom 17. Februar 2010 – Verg 42/09; Beschluss vom 13. April 2016 – Verg 47/15; OLG Jena, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 Verg 1/14). Diese Freiheit des Auftraggebers führt vorliegend dazu, dass die ausweislich der Anlage 3 zum Verga-bevermerk getroffene Grundentscheidung, ein […] beschaffen zu wollen, in keiner Weise zu beanstanden ist. Die Ag hat diesen Bedarf nachvollziehbar dargelegt.
b) Allerdings nimmt die Ag nach dieser Grundfestlegung eine weitergehende Spezifizie-rung vor, die im Ergebnis dazu führt, dass danach allein das Produkt der Bg bedarfs-gerecht ist. Diese weitergehende Spezifizierung bedingt also einen völligen Aus-schluss von Wettbewerb. Auch wenn das zu beschaffende […] zu Zwecken der Wis-senschaft und Forschung eingesetzt werden soll und die Freiheit des Auftraggebers zur Festlegung des Beschaffungsbedarfs daher ggf. in besonderem Maße bedeutsam
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ist, so ist dennoch zu berücksichtigen, dass eine Vergabe ohne vorhergehende Ver-öffentlichung einer Bekanntmachung die absolute Ausnahme darstellen muss. Erwä-gungsgrund 50 der Richtlinie 2014/24/EU verlangt für diesen Fall:
„sehr außergewöhnliche[…] Umstände[…]. […N]ur Situationen einer ob-jektiven Ausschließlichkeit können den Rückgriff auf das Verhandlungs-verfahren ohne vorherige Veröffentlichung rechtfertigen, sofern die Aus-schließlichkeitssituation nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt wurde. […] Ist die Ausschließlichkeitssituation auf technische Gründe zurückzufüh-ren, so sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Als solche könnten beispielsweise angeführt werden, dass es für einen anderen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen.“
Die nationale Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV, wonach ein Verhandlungsverfah-ren ohne Teilnahmewettbewerb grundsätzlich zulässig ist, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist, setzt die genannten Richtlinienvorgaben in § 14 Abs. 6 VgV um, wonach die zusätzliche und einschränkende Voraussetzung zu beachten ist, dass es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung geben darf und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter sein darf.
Vor diesem Hintergrund sind an die Dokumentation im Vergabeverfahren (s. § 8 Abs. 2 Nr. 7 VgV), wie aber jedenfalls an die im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens ggf. nachträglich vorgebrachten Begründungen (zur Nachholung von Dokumentation im Nachprüfungsverfahren vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Oktober 2015 – Verg 28/14; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 – X ZB 4/10) besondere Anforderungen zu stellen. Diesen genügt der Vortrag der Ag mit der Argumentation hinsichtlich des Typs des Emitters nicht (dazu unter aa). Auch hat die Ag nicht ausreichend zu mögli-chen Alternativen zum Gerät der Bg vorgetragen (dazu unter bb). Soweit die Ag sich auf veröffentlichte Forschungsergebnisse auf der Plattform […] bezieht oder auf die in der überwiegenden Zahl der Nationalen […]Facilities verwendeten Geräte der Bg ver-weist, kann dies eine Vergabe unter ausschließlicher Beteiligung der Bg nicht rechtfer-tigen (dazu unter cc). Eine Vorbefassung i.S.v. § 7 VgV in Bezug auf die Bg hat das Nachprüfungsverfahren indes nicht ergeben (dazu unter dd).
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aa) Die Ag begründet ihre Entscheidung insbesondere mit dem Ergebnis der von ihr durchgeführten umfassenden Markterkundung. In diesem Rahmen habe sie Ge-spräche mit Vertretern dreier Einrichtungen, welche […] nutzen, geführt, einen wei-teren Kontakt per E-Mail unterhalten sowie weitere fünf Websites entsprechender Einrichtungen durchgesehen und Literatur ausgewertet. Das Zustandekommen des Ergebnisses dieser Markterkundung, dass ausschließlich ein Gerät mit der […] der Bg den Anforderungen der Ag genügen würde, ist jedoch nicht ausreichend dokumentiert.
§ 8 Abs. 2 Nr. 7 VgV verlangt, dass bei Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb die in § 14 Abs. 4 VgV genannten Umstände, die die An-wendung dieses Verfahrens rechtfertigen, vom Vergabevermerk umfasst sind. Diese Pflicht dient dazu, die Gründe für Auswahlentscheidungen nachvollziehbar zu machen und sichert so das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB ab.
In der Vergabeakte ist insoweit die „Anlage 3 zum Beschaffungsantrag“ (Bl. 43-40 der Vergabeakte) enthalten, die die Ergebnisse der Markterkundung der Ag wie-dergibt. Im Wesentlichen gleichlautend findet sich eine Stellungnahme der Ag zur Rüge der ASt (Bl. 291-288 der Vergabeakte). Nach diesen kommen als Hersteller von […] in der von der Ag gewünschten Klasse der […] für den Bereich Life-Sci-ence jedenfalls die ASt und die Bg in Betracht, so dass grundsätzlich Wettbewerb besteht. Die Wertung der Ag, dass ausschließlich ein Produkt der Bg in Betracht komme, beruht maßgeblich auf der im Rahmen der Markterkundung gewonnenen Einschätzung, dass die […] der ASt zwar die benötigte Helligkeit besitze, jedoch nicht die nötige Stabilität in der Leistung, um Langzeitanalysen über mehrere Tage durchführen zu können. Auch sei bei der […] der Strahlstrom nachteilig, da er teil-weise zum Wandern und Ausbleichen der Probe und damit zu erheblichem Infor-mationsverlust führe.
Im Rahmen der Markterkundung kann zwar nicht verlangt werden, dass der öffent-liche Auftraggeber sich so umfassende Kenntnisse aneignet, die etwa vergleichbar der bei dem Hersteller vorhandenen Expertise sein müssten. Dies würde gerade bei hochkomplexen Beschaffungsgegenständen wie dem vorliegenden auf eine Überforderung des Auftraggebers hinauslaufen und die zwingende Beauftragung
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von Gutachtern zur Festlegung des Beschaffungsgegenstandes erforderlich ma-chen. Regelmäßig dürfte es ausreichen, wenn sich der Auftraggeber, wie vorlie-gend geschehen, bei anderen Nutzern vergleichbarer Produkte über die Vor- und Nachteile der einzelnen Geräte und die insoweit bestehenden Erfahrungen erkun-digt und öffentlich verfügbare Quellen, wie hier z.B. Forschungsberichte, die An-gaben zu den verwendeten […] und den diesbezüglichen Umständen beinhalten, zu Rate zieht.
Vorliegend führt die auf Basis einer solchen Markterkundung getroffene Entschei-dung der Ag jedoch dazu, dass grundsätzlich bestehender Wettbewerb nicht nur durch eine produktspezifische Ausschreibung eingeschränkt sondern gänzlich ausgeschlossen wird, was einer wesentlich größeren Rechtfertigungstiefe bedarf (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 34). Eine solche Rechtfertigung bedarf auch einer eingehenden Dokumentation, um sie nicht zuletzt für die Vergabekammer nachvollziehbar zu machen.
Dieser Anforderung genügt die vorgelegte Dokumentation in der Vergabeakte nicht, auch nicht unter Hinzuziehung des Vortrags im Laufe des Nachprüfungsver-fahrens. Hinsichtlich der geführten Gespräche bleibt z.B. unklar, nach welchen Ge-sichtspunkten die Gesprächspartner ausgewählt wurden, welcher Gesprächs-partner welche Information geliefert hat, welche […]Modelle welcher Generation von den Gesprächspartnern konkret verwendet wurden, ob die Kontaktperson selbst einen eigenen Vergleich der Geräte der Bg wie der ASt vornehmen konnte oder nur über Erfahrungen mit einem der infrage kommenden Hersteller berichten konnte. Mangels hinreichender Dokumentation der Gespräche wird schon nicht deutlich, ob sich diese im Ergebnis mit der Vergabeentscheidung der Ag decken oder ob hier, z.B. hinsichtlich einzelner Gesichtspunkte oder auch deren Gewich-tung, auch abweichende Auffassungen vertreten wurden. So wies beispielsweise die ASt in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass eine von der Ag kontak-tierte Einrichtung ein Gerät der ASt in älterer Version nutze. Mangels detaillierter Dokumentation der Ag ist dieser Umstand nicht nachzuvollziehen, was wiederum die Aussagekraft möglicher Erkenntnisse aus diesem Kontakt unklar erscheinen lässt.
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Auch hinsichtlich der im Rahmen der Markterkundung ausgewerteten Websites anderer Forschungseinrichtungen wurde nicht dargelegt, welche Informationen hier gewonnen und welche Schlüsse daraus von der Ag gezogen wurden.
Insgesamt vermag sich die Vergabekammer aufgrund der unzureichenden Doku-mentation der Markterkundung nicht davon zu überzeugen, dass die Markterkun-dung ausreichend tiefgehend und differenziert war, um zu dem Ergebnis zu gelan-gen, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb besteht. Es ist nicht ausge-schlossen, dass die Ergebnisse der Markterkundung – ohne dass die Ag dies in-tendiert hätte – zufallshaft geblieben sind. Auf den Umstand, dass die ASt die Li-teraturauswertung der Ag als unvollständig bemängelt, da sie zahlreiche Veröf-fentlichungen, die gute Ergebnisse mit Geräten der ASt berichtet hätten, nicht be-rücksichtigt, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Ebenso wenig auf die inhaltliche Richtigkeit der, von der ASt weitgehend bestrittenen, technischen Ana-lyse der Ag hinsichtlich der relevanten Anforderungen an das zu beschaffende […].
bb) Der Verzicht der Ag auf die Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfah-rens ist auch deshalb nicht rechtmäßig, weil keine ausreichende Befassung mit möglichen Alternativen dokumentiert ist.
§ 14 Abs. 6 VgV verlangt, dass keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung bestehen darf und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstli-chen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Die technischen Beson-derheiten, auf die der Auftraggeber das Fehlen von technischem Wettbewerb stützt, müssen von herausragender Bedeutung sein. Das Fehlen einer vernünfti-gen Ersatzlösung oder Alternative ist nicht schon dann anzunehmen, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber favorisierte Produkt in einzelnen Merkmalen ande-ren am Markt erhältlichen Produkten überlegen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 37). Der oben zitierte Erwägungsgrund der Richtlinie spricht sogar weitergehend davon, dass es für einen andern Wirtschafts-teilnehmer „technisch nahezu unmöglich“ sein muss, die Leistung zu erbringen.
Insoweit kann offen bleiben, ob diese Grundsätze für den vorliegenden Fall ange-passt werden müssen, da die Ag als Forschungseinrichtung möglicherweise be-sondere Anforderungen an ihre Ausrüstung stellen darf. Selbst bei Annahme einer
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solchen Erleichterung für die Ag hätte jedoch eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage dokumentiert werden müssen, welche konkreten Nachteile die Ge-räte der ASt bei welchen Forschungen haben, und ob diese eventuell durch Vor-teile in anderen Bereichen aufgewogen werden können. Auch soweit einer For-schungseinrichtung zuzubilligen sein sollte, den besten Qualitätsstandard als ver-bindliches Mindestkriterium fordern zu dürfen, wäre jedenfalls darzulegen, dass dieser insgesamt ausschließlich mit einem bestimmten Gerät zu erzielen ist.
Die Ag stützt sich u.a. darauf, dass an der, grundsätzlich ausreichend hellen, […] der ASt regelmäßige Reinigungsvorgänge durchgeführt werden müssten, die zu Stabilitätseinbrüchen führten. Hinzu komme, dass die Emissionen der […] teil-weise um 20 % schwankten. Da die Stabilität aber entscheidend für Experimente sei, die über mehrere Tage andauerten, genüge die […] nicht den Anforderungen der Ag.
Diese Feststellung hätte schon nach den der Ag im Rahmen der Markterkundung bekanntgewordenen Umständen näher begründet werden müssen. Die Ag beruft sich zum Beleg der Stabilitätseinbrüche u.a. auf mit Schreiben vom 18. September 2020 – nach vorheriger Zustimmung der Vergabekammer in englischer Original-sprache – auszugsweise eingereichte wissenschaftliche Publikationen. Die zum Beleg der Stabilitätseinbrüche im Zusammenhang mit dem Reinigungsvorgang in Bezug genommene Anlage 15 beschreibt zwar solche Schwankungen und endet mit der Feststellung, dass ultrahochauflösende Rekonstruktionen entscheidend („critically“) von der sehr guten Stabilität des […] abhingen, enthält aber in den von der Ag farblich markierten Textstellen auch relativierende Aussagen:
„The intensity fluctuations are a technical problem, which can most likely be solved in the near future.“
„We found that the beam intensity fluctuations of the […] are significant but not detrimental for the quality of single-particle 3D reconstructions. We suggested possible approaches on how to monitor the beam inten-sity during the data collection which can be integrated into data collec-tion procedure and later allow for more accurate correction of radiation-induced sample damage.“
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Unabhängig davon, welche fachliche Bewertung der Stabilitätseinbrüche letztlich richtig ist, hätte schon diese von der Ag selbst herangezogene Quelle eine doku-mentierte intensive Befassung mit den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Ge-räte bewirken müssen, die auch z.B. die Frage umfasst, ob mögliche Nachteile eines Gerätes ausgeglichen oder hinreichend vermindert werden können. Dies ins-besondere vor dem Hintergrund, dass die Helligkeit des Emitters und dessen Sta-bilität zwar von besonderer Bedeutung für die Arbeitsergebnisse sein mögen, je-doch nicht die einzigen relevanten Faktoren darstellen. Dies ergab sich deutlich insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung, in der die ASt plausibel und von der Ag unwidersprochen dargelegte, dass […]e jeweils Maßanfertigungen für den konkreten Kunden seien. Bezogen auf die Helligkeit des Emitters legte sie dar, dass letztlich entscheidend nicht die Helligkeit am Emitter selbst sei, sondern die Helligkeit auf der Probe, was insbesondere auch von der dazwischenliegenden Optik abhänge. Maßgeblich komme es auch auf die Empfindlichkeit der verwen-deten Kamera an. Die ASt wies im Punkt Stabilität im Übrigen auch darauf hin, dass auch das Gerät der Bg nicht durchgängig nutzbar sei, weil alle ca. acht Stun-den eine Flüssigkeit nachgegossen werden müsse, was zu Erschütterungen mit der Folge der kurzzeitigen Unterbrechung der Vorgänge führe; dies sei der durch einen automatisierten Reinigungsvorgang bedingten kurzzeitigen Unterbrechung beim Gerät der ASt vergleichbar.
Es stellt keine Überspannung der Anforderungen an die Intensität der Markterkun-dung dar, die Berücksichtigung derartiger allgemeiner Umstände von einem End-anwender hochtechnisierter Geräte wie der hier streitgegenständlichen […]e zu verlangen.
Wenn aus der Vielzahl möglicher qualitativer Unterschiede zwischen den Produk-ten unterschiedlicher Hersteller einzelne herausgegriffen werden, um das Fehlen von Wettbewerb aus technischen Gründen zu bejahen, besteht eine besondere Begründungslast auf Seiten des Auftraggebers, der die Ag vorliegend, ausgehend von der Dokumentation des Vergabeverfahrens und der Stellungnahmen im Nach-prüfungsverfahren, nicht genügt hat.
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cc) Soweit die Ag das Ergebnis, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb be-stehe, auf eine Auswertung der […] ttform sowie auf eine ausschließliche Verwen-dung von Geräten der Bg bei den Nationalen […] stützt, ist dies nicht tragfähig. Beide Gesichtspunkte sind nicht geeignet, die Vergabe ohne vorherigen Wettbe-werb zu rechtfertigen.
Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens räumte die Ag bereits ein, dass inzwi-schen zwei Nationale […] Geräte der ASt verwenden. Außerdem stellte die Ag klar, dass diese Erwägungen auch nicht ausschlaggebend für die Wahl des Vergabe-verfahrens gewesen seien. Gleichwohl zeige sich hier, dass die überwiegende Mehrheit auf Geräte der Bg setze und die meisten publizierten Studien ebenfalls von diesen Geräten stammten.
Hinsichtlich der Verwendung von Geräten der Bg in anderen Forschungseinrich-tungen wäre die Darlegung erforderlich, aus welchen Gründen die jeweilige Ent-scheidung für ein Gerät der Bg gefallen ist und ob sich daraus für die Forschungs-vorhaben der Ag ableiten lässt, dass die Geräte der ASt technisch nicht geeignet sind. Insbesondere hat die Ag auch nicht dargelegt, dass, z.B. aus Gründen der Vergleichbarkeit der Ergebnisse oder einer einrichtungsübergreifenden Zusam-menarbeit, die Verwendung der Geräte eines einheitlichen Herstellers erforderlich sei.
Auch der Umstand, dass in der Übersicht von Publikationen auf der […] Plattform deutlich mehr Beiträge aufgeführt sind, die unter Verwendung von Geräten der Bg erstellt wurden, ist letztlich ohne Aussagegehalt für den aktuellen Fall. Die Anzahl an Publikationen mag bestätigen, dass Produkte der Bg weit verbreitet Anwendung finden, kann für sich genommen jedoch nicht dazu dienen, zu belegen, dass aus technischen Gründen die Geräte der ASt für die Zwecke der Ag nicht in Betracht kommen. Dies gilt umso mehr eingedenk des, von der Ag unwidersprochenen, Hinweises der ASt, dass das konkrete […] der Bg, für welches sich die Ag ent-schieden hat, in den genannten Publikationen überhaupt nicht verwendet wurde, da diese ausschließlich biologische Forschungen betreffen, das Gerät der Bg je-doch für die Materialforschung klassifiziert ist (und nur durch umfangreiches Zube-hör für Untersuchungen unter […]Bedingungen und damit den Einsatzzweck der Ag tauglich gemacht wurde). Auch insoweit kann aus diesem Umstand nicht der
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Schluss gezogen werden, dass Geräte der ASt für die Zwecke der Ag nicht geeig-net seien.
dd) Ein Vergaberechtsverstoß aufgrund angeblicher Vorbefassung der Bg liegt nicht vor.
Insoweit hat die Ag in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass Kontakt zur Bg aufgenommen worden sei, nachdem im Rahmen der Markterkundung die Ent-scheidung zugunsten des Produktes der Bg getroffen worden sei. Ziel dieses Kon-taktes sei es gewesen, die Produktspezifikationen, insbesondere die konkrete Ab-messung mit der Bg zu besprechen und abzuklären, ob das Gerät von seiner Größe her ohne bauliche Maßnahmen in die Räumlichkeiten der Ag eingebracht werden könne und finanziell innerhalb des Budgets der Ag liege. Soweit es um Probleme mit dem bei der Ag vorhandenen Altgerät ging, so war die Serviceabtei-lung der Bg der alleinige Ansprechpartner.
Eine Vorbefassung i.S.d. § 7 VgV, die den Wettbewerb verzerren könnte, ist darin nicht zu sehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 GWB.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Rechtsverfolgung der ASt sind der Ag aufzuerlegen, da sie im Verfahren unterlegen ist.
Da die Bg sich nicht mit Anträgen oder Sachvortrag am Verfahren beteiligt hat, ist sie an den Kosten des Verfahrens nicht zu beteiligen. Gleichzeitig hat sie ihre notwendigen Aufwendungen zur Rechtsverteidigung selbst zu tragen.
IV.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt,
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beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzu-legen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegrün-dung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel ange-ben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Be-schwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Verga-bekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.